Netzwerk

Hier finden Sie eine Übersicht aller Beteiligten, ihren jeweiligen Beiträgen und Kurzbiografien.

Amarkhail, Freba

Als Teil des Panels: A Bleak Reality: Twenty-First Century and Afghan Women

Dieser Vortrag soll einen nuancierten und umfassenden Überblick über die Realitäten geben, mit denen afghanische Frauen in Afghanistan konfrontiert sind. Darüber hinaus soll Bewusstsein für die dringende Notwendigkeit einer anhaltenden globalen Aufmerksamkeit und gemeinsamer Anstrengungen geschaffen werden, um afghanische Frauen dabei zu unterstützen, ihre Rechte auf Bildung, Arbeit und soziale Freiheiten trotz der erschwerenden Umstände, denen sie ausgesetzt sind, einzufordern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Einschränkungen, die der Bildung von Mädchen auferlegt werden, auf den Restriktionen für Frauen in der Arbeitswelt und auf der Beschneidung sozialer Freiheiten. Im Anschluss an den Vortrag steht das Podium auch für eine moderierte Diskussion über eine umfassendere geschlechtersensible Perspektive auf die Situation in Afghanistan und Deutschland offen.

Kurzbiografie

Freba Amarkhail ist ehemalige Assistenzprofessorin an der Kabul Education University und derzeit Doktorandin an der Universität Hildesheim. Sie studierte an der Kabul Education University, Fakultät für Sonderpädagogik (Psychologie und Pädagogik von Menschen mit Hörbehinderung). Nach ihrem Abschluss im Jahr 2013 begann sie ihre berufliche Laufbahn mit einer Stelle als Assistenzdozentin an der Kabul Education University. Gleichzeitig war sie Mitglied des Forschungsausschusses und des Qualitätssicherungsausschusses ihrer Universität für den Fachbereich Bildung. Sie veröffentlichte über Bildung und Sonderpädagogik in der afghanischen Landessprache (d. h. Dari und Paschtu), insbesondere zwei Artikel in einer internationalen Zeitschrift über Menschen mit Hör- und Sehbeeinträchtigungen. Sie hat in Afghanistan und Malaysia mehrere Workshops für Pädagog*innen, Hörgeschädigte und Gebärdensprachdolmetscher*innen zum Thema Sonderpädagogik durchgeführt und geleitet. Sie hat ein Stipendium der Weltbank in Anspruch genommen, um 2020 ihren Master of Human Sciences in Psychologie (Clinical Counselling) an der International Islamic University Malaysia (IIUM) abzuschließen. Das Thema ihrer Abschlussarbeit lautete „Identifizierung der Bildungs- und Sozialbedürfnisse junger Erwachsener mit Hörbehinderung in Kabul City“. Im Jahr 2023 erhielt sie ein DAAD-Stipendium für eine Promotion. Derzeit ist sie Doktorandin an der Universität Hildesheim (Zentrum für Geschlechterforschung und Behinderung) und beabsichtigt, unter dem Titel „Exploring Self-Actualization Needs of Afghan refugee women“ zu forschen.

Bacchetta, Paola

Keynote: Decolonizing Gender and Sexuality

Der Vortrag beschäftigt sich im ersten Teil mit der kolonialen und global-kapitalistischen Durchsetzung dominanter Konzepte des globalen Nordens von Gender und Sexualität im globalen Süden. Im zweiten Teil geht es um hegemoniale und subalterne Definitionen und Praktiken in Bezug auf Gender und Sexualität, die heute weit verbreitet sind. Schließlich werden im dritten Abschnitt aktuelle Bewegungen und Aktivismen zur Dekolonisierung von Gender und Sexualität diskutiert, wobei der Fokus auf einigen queeren aktivistischen Gruppen und Bewegungen – in Frankreich, England, Marokko und Uganda – liegt, die Teil des Decolonizing Sexualities Network sind.

Kurzbiografie

Paola Bacchetta ist Professorin und stellvertretende Vorsitzende für Forschung in der Abteilung für Geschlechter- und Frauenstudien an der University of California, Berkeley. Sie war die erste Vorsitzende des Gender Consortium in Berkeley. Zu ihren Büchern gehören: Co-Motion: On Feminist and Queer Solidarities (erscheint demnächst bei Duke University Press); Fatima Mernissi For Our Times, gemeinsam herausgegeben mit Minoo Moallem (New York: Syracuse University Press, 2023); Global Raciality: Empire, Postcoloniality, and Decoloniality, zusammen mit Sunaina Maira, Howard Winant (New York: Routledge, 2019); Femminismi Queer Postcoloniali (zusammen mit Laura Fantone, Verona, Italien: Ombre Corte, 2015); Gender in the Hindu Nation (Indien: Women Ink, 2004); Right-Wing Women (zusammen mit Margaret Power, New York: Routledge, 2002). Sie hat über 65 Artikel und Buchkapitel zu transnationaler feministischer und queerer Theorie, dekolonialer Theorie und sozialen Bewegungen, Praktiken und Aktivismen veröffentlicht. Sie ist Ko-Koordinatorin der transnationalen akademischen und aktivistischen Organisation Decolonizing Sexualities Network. Für den Online-Zugang zu ihren Veröffentlichungen: https://berkeley.academia.edu/PaolaBacchetta

Balcerzak, Agnieszka

Moderation des Panels: Body Politics: Konflikte um Abtreibung zwischen West- und Osteuropa

Moderation des Roundtable: The Female Face of Protest: Spotlight on Belarus

Moderation der Abschlussdiskussion

Kurzbiografie

Agnieszka Balcerzak, Dr. phil., ist Postdoc-Mitarbeiterin am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der LMU München. Sie studierte Germanistik in Poznań, anschließend Europäische Ethnologie, Interkulturelle Kommunikation und Politikwissenschaft im Rahmen des Elitestudiengangs Osteuropastudien in München. In ihrer Dissertation, 2020 erschienen bei Transcript unter dem Titel „Zwischen Kreuz und Regenbogen. Eine Ethnographie der polnischen Protestkultur nach 1989“, geht sie den soziokulturellen Spaltungen im Nach-Wende-Polen am Beispiel antagonistischer sozialer Bewegungen, ihrer öffentlichen Praktiken und medialen Aktionsradien nach. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören soziale Bewegungen und Protestkulturen, Ästhetisierungsprozesse in alltagskulturellen Kontexten sowie Geschlechterforschung im Hinblick auf Transformationsprozesse im östlichen Europa. Ihr aktuelles Forschungsprojekt ist eine vergleichende Ethnografie der (De-)Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, der Forschungsaufenthalte in Deutschland, Irland, Kroatien, Polen und den USA zugrunde liegen. Sie ist Mitglied mehrerer Fachgesellschaften, u.a. der Europäische Gesellschaft für Sozialanthropologie (EASA), der Europäischen Gesellschaft für Verhütung und Reproduktive Gesundheit (ESC), der Internationalen Gesellschaft für Ethnologie und Folklore (SIEF) sowie der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft (DGEKW). Seit 2023 arbeitet sie als National Researcher mit Schwerpunkt Polen in zwei internationalen Forschungsprojekten, „Push*Back*Lash: Anti-Gender Backlash and Democratic Pushback” (Universität Salzburg) und „Travelling to Seek Abortion Care: Abortion Travel and Support Networks for Pregnant People Seeking Abortion Care in Europe, North-Africa, and Latin America“ (Universität Barcelona).

Benz, Annika

Vortrag: Warum FLINTA* gehen: Ethnografische Einblicke in die Rückzugs- und Verbindungspraktiken von FLINTA* in einer „inklusiven“ Bewegung

Viele „inklusive“ Bewegungen sehen die Beteiligung von FLINTA* als zentral für das Gelingen ihrer politischen Vorhaben. „Was FLINTA* wollen“ bestimmt den Diskurs und die Strategien. „Was FLINTA* brauchen“, um Bewegungen aktiv mitzugestalten, bleibt oft auf der Strecke.

Mein Vortrag gibt Einblicke in einen mehrmonatigen Prozess rund um eine direkte Aktion einer Klimagerechtigkeitsgruppe in einer deutschen Großstadt. Nach der Aktion, die von einer Gruppe Männer der Bewegung durchgeführt wurde, organisierten und positionierten sich mehrere FLINTA* und sprachen sich gegen die Aktion aus. Ich verfolge (1) welche Machtdynamiken den Prozess bestimmten, (2) welche Rolle sprechen und nicht-sprechen für FLINTA* in „inklusiven“ Klimagerechtigkeitskontexten als Widerstandsinstrumente spielen können, (3) warum FLINTA* soziale Bewegungen und Protestgruppen verlassen und (4) welche neuen Räume und Verbindungen daraus resultieren, in denen feministische und inklusive Ziele neu verhandelt werden.

Aus aktivistisch-ethnologischer Perspektive adressiere ich die praktische und theoretische Frage, wie soziale Bewegungen feministische(re) Räume werden können, und was sowohl Aktivist:innen als auch Wissenschaftler:innen brauchen, um die Perspektiven von FLINTA* in sozialen Bewegungen in Deutschland aufzeigen zu können.

Als Teil des Panels: (Trans-)national Feminist Organizing in the Past and Future

Kurzbiografie

Annika Benz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ethnologie an der Universität zu Köln und Aktivistin, momentan angeschlossen an eine intersektional-feministische, öffentlichkeitswirksame Kampagne in der Klimagerechtigkeitsbewegung. Annikas Schwerpunkt ist die Arbeit zwischen Universität und Bewegung.

Berauer, Maria

Lecture-Performance: Selbst-Schuld-Katapult: Eine künstlerische Auseinandersetzung mit weiblicher Altersarmut und Formen alltäglichen Widerstandes

Altersarmut ist weiblich. 2021 lagen die durchschnittlichen bundesdeutschen Altersrentenzahlungen der Frauen (832 Euro 809 € West/ 1072 Ost) deutlich unter denen der Männern (1.218 € West/ 1.143 € Ost). Gründe für diese Ungleichheit sind u.a. ein geschlechtsspezifischer Arbeitsmarkt, das nach wie vor vorherrschende Male Breadwinner Model sowie der zunehmende Abbau des Sozialstaats. In Altersarmut zu leben bedeutet einerseits das Haushalten mit knappen Mittel. Altersarmut wirkt sich andererseits auch emotional auf die Betroffenen aus. Gefühle des Scheiterns, der Scham und Schuld, Zukunftsängste und Sorgen, Minderwertigkeitsgefühle, Einsamkeit oder auch Melancholie bezüglich verwehrter Zukunftsvorstellungen sind ebenso Folgeerscheinungen genannter struktureller Problemlagen, die sich den Individuen unter die Haut schreiben. Diese affektive Dimension von Altersarmutserfahrungen nimmt die Kulturwissenschaftlerin Dr. des. Alexandra Rau gemeinsam mit der Künstlerin Maria Berauer in Form einer Lecture Performance in den Blick. Ausgehend von Interviewmaterial das im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Prekärer Ruhestand“ (Leitung: Prof. Dr. Irene Götz) an der LMU erhoben wurde, erhalten Frauen aus unterschiedlichen Milieus eine Stimme. Wie fühlt sich Altersarmut für Betroffene an und welche Effekte haben diese Gefühle auf ihre alltäglichen Handlungsspielräume?

Anhand eines Zusammenspiels von ethnographischen Portraits, theoretischen Textfragmenten und künstlerischen Interventionen verdeutlicht die Lecture Performance nicht nur die strukturelle Seite weiblicher Altersarmut, sondern will diese auch körperlich erfahrbar machen. Darüber hinaus setzt sie sich auch mit kollektiven Handlungsperspektiven auseinander. Die Performance will damit nicht zuletzt auf mögliche Leerstellen sozialer Bewegungen verweisen, die sich entlang der Geschlechtskategorie aufspannen. So wird Weibliche Altersarmut im Kontext feministischer Bewegungen zwar durchaus als Querschnittsthema behandelt, doch dort sprechen vor allem Frauen, die Altersarmut als potentielles Zukunftsszenario anprangern. Das gegenwärtige altersarme Subjekt scheint in den öffentlichen Debatten relativ unsichtbar zu sein. Die Auseinandersetzung mit der affektiven Dimension weiblicher Altersarmut zeigt schließlich, dass eine Solidarisierung und politische Mobilisierung betroffener Frauen durch feldspezifische Gefühlslagen erschwert werden.

Die Portraits und Textfragmente werden dialogisch von der Autorin Alexandra Rau, der Schauspielerin Shirli Volk und der Performerin Sara van der Weck gelesen sowie von der Künstlerin Maria Berauer körperlich-performativ inszeniert.

Kurzbiografie

Maria Berauer ist eine in München ansässige Künstlerin. Ihr künstlerisches Schaffen umfasst Performances, Videos, Installationen, Klangkunst und Aktionen im öffentlichen Raum. Verbindendes Element in ihrer künstlerischen Praxis ist der eigene Körper, den sie als Werkzeug und Material einerseits und andererseits als Informationsquelle und Mittel des Selbstausdrucks einsetzt. Gleichberechtigt neben ihrem individuellen Schaffen steht für sie die Arbeit in Künstler*innen Kollektiven.

Binder, Beate

Moderation des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Vortrag: Ambivalentes Bündnis: Zum Verhältnis von Recht und Geschlechtergerechtigkeit in gegenwärtigen sozialen Kämpfen

Im Kampf um Geschlechtergerechtigkeit ist die Rolle von Recht – sei es im Sinne der Implementierung von Strafrechtstatbeständen, sei es im Sinne des Bezugs auf Antidiskriminierungsrecht – stark umstritten. Der Vortrag folgt dieser Debatte in Bezug auf die mitschwingenden Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit, fragt nach eingeschriebenen Geschlechterbildern und der Konstitution (neuer) moralischer Ordnungen. Nachgegangen wird insbeondere den Reibungspunkten zwischen feministischer Kritik an Staat und Recht auf der einen Seite und staatszentrierten Anrufungen des Rechts auf der anderen Seite, um die jeweiligen Implikationen dieser Mobilisierungsstrategien für transformative Politiken zu diskutieren.

Als Teil des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Kommentar im Rahmen der Abschlussdiskussion

Kurzbiografie

Beate Binder ist Professorin für Europäische Ethnologie und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin und Projektleiterin von zwei Forschungsverbünde: der DFG-Forschungsgruppe „Recht – Geschlecht – Kollektivität” sowie des Norface Research Project „CrimScapes: Navigating Citizenship through European Landscapes of Criminalisation”.

Blum, Rebekka

Vortrag: Antifeminismus und Geschlecht: Ihre lange unterschätzte Bedeutung für die extreme Rechte [ABGESAGT]

Die Auseinandersetzung mit Antifeminismus als zentraler Bestandteil extrem rechter Ideologie bis hin zu Mitmotiv bei rechten Terroranschlägen ist noch jung und feministischen Interventionen in der Arbeit und Forschung zur extremen Rechten zu verdanken. Oft wird aus der neuerlichen Auseinandersetzung abgeleitet, dass Antifeminismus (in der extremen Rechten) ein neues Phänomen sei. In meiner Promotion zum Thema Antifeminismus in Westdeutschland zwischen 1945 und 1990 hinterfrage ich diese Annahme.
In narrativen Interviews mit Aktivistinnen der und Forscherinnen zur sogenannten zweiten Frauenbewegung fragte ich daher explizit nach der Rolle von (Neo-)Nazis bei antifeministischen Angriffen. Die Interviewten maßen (Neo-)Nazis in der Rückschau keine besondere Bedeutung in antifeministischen Entwicklungen zu. Insgesamt fiel es ihnen schwer, antifeministische Entwicklungen zu erinnern. Sie machten vor allem deutlich, dass sie die gesamtgesellschaftlichen Strukturen der Zeit als antifeministisch wahrnahmen. Eine Analyse feministischer Zeitschriftenbeiträge und Flugblätter offenbarte jedoch, dass es in den 1980ern eine Reihe von Drohbriefen bis hin zu gewalttätigen Übergriffen auf feministische Projekte und Partys seitens (Neo-)Nazis gab. Diese wurden in dieser Zeit auch von feministischen Bewegungen thematisiert und wahrgenommen.
Dies zeigt zum einen die Notwendigkeit verschiedener empirischer Zugänge in (historischen) Forschungen. Außerdem leite ich daraus die These ab, dass eine im Forschungszeitraum fehlende Analyse zu Antifeminismus im Allgemeinen und als zentraler Bestandteil rechter Ideologie im Spezifischen auch dazu führt, dass jene Aspekte später nicht erinnert werden und damit weniger in aktuelle Analysen einfließen. Daran lässt sich der enorme Einfluss von Begriffen und Konzepten erkennen – ohne ebenjene kann sich nur schwer erinnert werden. Es ist daher notwendig, ein grundlegendes Verständnis von Antifeminismus als eigenständige Ideologie zu entwickeln und anhand aktueller Ansätze vergangene Entwicklungen neu zu befragen. Dies ermöglicht die Bedeutung von Geschlecht in der extremen Rechten und die lange Kontinuität von Antifeminismus als zentralen Bestandteil rechter Mobilisierungen zu erkennen und dadurch interdisziplinär zu beforschen, um damit neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Als Teil des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Kurzbiografie

Rebekka Blum (sie/ihr) ist Soziologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg und promoviert an der Universität Freiburg zu „Antifeminismus in Westdeutschland zwischen 1945 und 1990″. Sie arbeitet als politische Bildnerin und Publizistin und ist Autorin zahlreicher Artikel zu Antifeminismus, Rechtsextremismus und Verschwörungserzählungen sowie des Buches „Angst um die Vormachtstellung. Zum Begriff und der Geschichte des deutschen Antifeminismus“. Außerdem ist sie Mitglied im Netzwerk feministische Perspektiven und Intervention gegen die (extreme) Rechte, kurz: femPI.

Bolz, Manuel

Moderation der Panels: Politischer Aktivismus in seiner Vielfalt

Moderation des Panels: Widersprüche und Konflikte in feministischen Bewegungen

Kurzbiografie

Manuel Bolz ist Kulturwissenschaftler/Kulturanthropologe aus Hamburg und Göttingen. Er konnte erste Arbeits- und Lehrerfahrungen am Institut für Empirische Kulturwissenschaft, am Institut für Germanistik, in der Stabsstelle Gleichstellung und am Zentrum Gender & Diversity (ZGD) der Universität Hamburg sammeln. Darüber hinaus arbeitete er für die Isa Lohmann Siems-Stiftung, die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, die Hamburger Behörde für Kultur und Medien (BKM), das Museum am Rothenbaum (MARKK) und das Bezirksamt Harburg.

Seine Bachelorarbeit beschäftigte sich mit Sexarbeit und Gesundheitswissen, seine Masterarbeit mit Geschlecht, Krisen-Konstruktionen und biografischen Rachegeschichten. Momentan erarbeitet er sich ein Promotionsprojekt zu Vergnügen und Verbrechen in Hamburg St. Pauli. Seine Forschungsinteressen umfassen Ethnografie und Historische Anthropologie, die Themenfelder um Dark Anthropology, Sexualitäten, Körper und Geschlechter sowie Stadt, Nacht und Vergnügen.

Publikationen (Auswahl):

Bolz, Manuel: Rache erzählen. Eine ethnografische Studie zu biografischen Rachegeschichten und Krisennarrativen als kommunikative Emotionspraktik. Hamburg: MartaPress (in Vorbereitung).

Bolz, Manuel/ Künzel, Christine (Hrsg.): Rape and Revenge. Rache-Kulturen und sexualisierte Gewalt in intermedialer Perspektive. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (in Vorbereitung).

Bolz, Manuel/ Röderer, Fabian/ Wallenstein, Constanze: KörperZeiten. Narrative, Praktiken und Medien. Berlin: Reimer (in Vorbereitung).

Bootsmann, Merlin Sophie

Vortrag: Das Verbindende und das Trennende: Geschlecht als Spannungsfeld in der Bildungsarbeit von Lesben- und Schwulenbewegung in den 1980er und 1990er Jahren

Merlin Sophie Bootsmann untersucht in ihrem Beitrag den vergeschlechtlichten Vertretungsanspruch von bildungspolitisch arbeitenden Gruppen der Lesben- und Schwulenbewegungen seit den 1980er Jahren in der Bundesrepublik. Welche Hintergründe hatte die größtenteils getrennte Organisierung von Lesben- und Schwulengruppen? Wie gestaltete sich die praktische Zusammenarbeit in den seltenen Fällen geschlechterübergreifender Zusammenarbeit? Welche Rolle spielten trans* und inter* Menschen sowie ihre Anliegen?

Als Teil des Panels: Geschlecht als Konfliktfeld in LSBTIQ*-Bewegungen seit den 1970er Jahren

Kurzbiografie

Merlin Sophie Bootsmann (sie/es) arbeitet im Forschungsprojekt „Menschenrechte, queere Geschlechter und Sexualitäten seit den 1970er Jahren“ an der Freien Universität Berlin. Andrea Rottmann, Greta Hülsmann und Merlin Sophie Bootsmann geben gemeinsam den Blog „History/Sexuality/Law“ zu historischen Verflechtungen von Sexualität und Geschlecht mit Recht heraus. Merlin Sophie Bootsmann arbeitet an ihrer Dissertation mit dem Arbeitstitel „Menschen, Rechte und Kollektive bilden: LSBTIQ* Bildungsarbeit und politik in der Bundesrepublik Deutschland 1971–2016“.

Brillet, Juliette

Vortrag: Die deutsche Pro-Life-Bewegung zwischen traditioneller Mutterschaft und „Pro-Life-Feminismus“

Juliette Brillet befindet sich aktuell noch im Feld. Aufgrund des laufenden Forschungsprozesses wird auf dieser Website kein Abstract zu ihrem Vortrag veröffentlicht.

Als Teil des Panels: Body Politics: Konflikte um Abtreibung zwischen West- und Osteuropa

Kurzbiografie

Nach dem Abschluss eines deutsch-französischen Studiengangs in Politikwissenschaft und Soziologie promoviert Juliette Brillet seit Oktober 2020 am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und am Centre de Recherches Sociologiques et Politiques de Paris (CRESPPA). Mithilfe qualitativer Methoden erforscht sie in Deutschland und Frankreich soziale Bewegungen, die sich gegen den Schwangerschaftsabbruch mobilisieren. Seit September 2021 ist Juliette Brillet Promotionsstipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Brković, Čarna

Moderation des Panels: Queer(ing) Claims Making

Kurzbiografie

Čarna Brković ist Professorin für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie an der Universität Mainz.

Chakkalakal, Silvy

Kommentar im Rahmen der Abschlussdiskussion

Kurzbiografie

Silvy Chakkalakal ist Professorin für Populäre Kulturen/Empirische Kulturwissenschaft am ISEK, Universität Zürich, wo sie seit August 2023 den Lehrstuhl für Populäre Literaturen und Medien inne hat. Sie ist im Vorstand des SFBs 1512 „Intervenierende Künste“, innerhalb dessen sie Leiterin des Projektes C02 „Futurity as Intervention“ und Co-Leiterin des SFB-Laborbereichs „Künste und Wissenschaften“ ist. Mit Prof. Wallace Best vom Gender and Sexuality Program der Princeton University und mit Prof. Elahe Haschemi Yekani (HU Berlin) leitet sie gemeinsam das Projekt „Re-Imagining the Archive: Sexual Politics and Postcolonial Entanglements“.

Choukri, Meryem

Podiumsdiskussion: Gender Matters in Social Movements: A Conversation at the Interface of Academia and Activism

Kurzbiografie

Meryem Choukri ist Doktorandin an der Universtät Warwick und der Universität Gießen. Sie forscht zu widerständigen Archiven von Aktivistinnen of Color in Deutschland. Meryem hat einen MA in Postcolonial Culture and Global Policy von der Goldsmiths University und ist Teil des bildungsLab*. Sie arbeitet auch als freiberufliche Pädagogin und Beraterin zu den Themen Intersektionalität, Empowerment und Kolonialismus.

Dobler, Pola

Workshop: Feminismus braucht eine Stimme – Chorworkshop mit Pola Dobler und dem Witches of Westend Chor

FLINTA* sind dazu eingeladen gemeinsam mit dem Chor zu singen. Nach einem kurzen Einblick in die feministische Chorarbeit werden die Teilnehmenden zwei mehrstimmige Stücke einstudieren, die am Abend vor dem Tagungspublikum performt werden. Hierbei werden zum einen inhaltliche Impulse gesetzt und feministische Forderungen in Klang transformiert. Empowerment wird zum anderen auch körperlich und kreativ erfahrbar: Jede einzelne Stimme wird zu einem notwendigen Teil des großen Ganzen, es wird ein gemeinsamer Klangraum kreiert, der politisch bewegen will.

Keine Vorkenntnisse erforderlich.

Kurzbiografie

Pola Dobler ist Musikerin und komponiert seit ihrem sechsten Lebensjahr Stücke für Klavier und Gesang. 2013 gründete sie den Frauenchor „The Witches of Westend“, um einen geschützten Raum für Vernetzung, Female Empowerment und die (Wieder)Erlangung eines musikalischen Selbstbewusstseins zu schaffen. 2023 gründete sie mit dem Mystic Choir einen weiteren Frauenchor mit über 50 Mitgliedern. Sie ist Sängerin und Pianistin der Münchner Band Su Yono und arbeitet als Redaktionsassistenz in der Kulturredaktion beim Bayerischen Rundfunk.

Eck, Sandra

Workshop: Denkwerkstatt: Zum verändernden Potential feministischer Arbeitspraxen in Beratungs-, Therapie- und Bildungskontexten
(Sandra Eck, Alexandra RauNina Reggi-GraßlMarlene Roiser [abgesagt] und Maria Schmitter)

Was eint feministische Berater*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Dozent*innen/Lehrende? Sie alle berücksichtigen Geschlecht als konfliktbehaftete Strukturkategorie in ihren Arbeitskontexten, sie operieren innerhalb zwischenmenschlicher Interaktion und verfolgen den Anspruch mittels Wissenstransfer Machtverhältnisse zu bewegen. Beratend, lehrend, unterstützend, eingreifend oder richtungsweisend versuchen sie in ihrer täglichen Arbeitspraxis Widerstand gegen patriarchale Logiken zu leisten. Fasst man den Bewegungsbegriff weit und bezieht auch Widerstandsformen mit ein, die zwar nicht auf der Straße zum Ausdruck gebracht werden, aber das politische Anliegen verfolgen, sozialen Wandel zu erwirken, lassen sich auch all jene Akteur*innen als Teil einer feministischen Bewegung begreifen, die in genannten Tätigkeitsfeldern auf Veränderung abzielen.

Feministische Beratungs- und Therapieansätze sind dabei nicht neu. Bereits seit den 1970er Jahren, entstanden während der zweiten Frauenbewegung und den sogenannten Consciousness-Raising-Gruppen, gehören sie heute zum festen Repertoire therapeutischer Maßnahmen, wenn sie auch immer noch unterrepräsentiert sind. Auch die Soziale Arbeit blickt auf ein differenziertes Feld geschlechtertheoretischer Perspektiven zurück und nicht zuletzt im Hochschulkontext haben antidiskriminierende Lehr-Lern-Konzepte Einzug in Weiterbildungsprogramme erhalten. Nichtsdestotrotz gehört das Miteinbeziehen und Hinterfragen von Subjekt-Struktur-Zusammenhängen nach wie vor nicht zum Mainstream innerhalb der hier aufgeführten Arbeitskontexte, sondern wird dort nur von einigen wenigen – meist explizit als feministisch gelabelt – praktiziert.

Die offene Werkstatt soll dieser Nischenperspektive Raum geben. Wir wollen mit diesem Format einen gemeinsamen Ort des Austauschens, der Bestandsaufnahme und Vernetzung schaffen. Ausgehend von den jeweiligen alltäglichen Berufserfahrungen und Praxen wollen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, Synergieeffekte sowie gängige Fallstricke der einzelnen Arbeitsbereiche debattieren und schließlich konstruktiv in die Zukunft denken: Wie können feministische Ansätze in Beratungs-, Therapie- und Bildungssettings anhand welcher konkreter Methoden möglicherweise kollektiv weitergeführt werden, um sowohl individuelle Lebenssituationen zu verbessern als auch soziale Ungleichheitsverhältnisse zu verändern. Das Format folgt dabei dem Prinzip der Un-konferenz, und lädt alle ein, die interessiert sind oder selbst etwas beitragen möchten.

Kurzbiografie

Sandra Eck, M. A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Frauenakademie München und Leiterin der Beratungsstelle lebis in Augsburg. Sie hat Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft an der Universität Augsburg studiert. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit entwickelt sie als Gestalttherapeutin und -beraterin heteronormativitätskritische Beratungs- und Psychotherapiekonzepte. Forschungsschwerpunkte: Care, Gender, Methodologie qualitativer Sozialforschung.

Efremowa, Anna

Vortrag: Geschlecht–Nation–Religion: Antifeministische und Anti-Gender Diskurse der Russisch-Orthodoxen-Kirche (ROK) im postsozialistischen Russland [ABGESAGT]

Die Verknüpfung von neo-imperialen und nationalistischen Diskursen mit antifeministischen und geschlechterfeindlichen Positionen unter Berufung auf christliche Werte seit dem Ende der Sowjetunion in Russland bildet den Ausgangspunkt meines Beitrags. So ist Russland nicht erst in den vergangenen zehn Jahren zu einer wichtigen Referenz für geschlechterfeindliche Argumente und Ressourcen geworden (Bluhm und Varga, 2019). Im Gegensatz zu den 1990er Jahren, als der Westen dem Osten bei der Etablierung der liberalen Demokratie helfen sollte, behaupten konservative und geschlechterfeindliche Akteur_innen jedoch heute, dass der Osten den Westen vor moralischem Verfall, Individualismus und Säkularisierung zu retten habe (Graff und Korolczuk, 2022). In der Offensive gegen Geschlechterrechte und westlich-liberale Werte spielt die ROK eine zentrale Rolle und hat auf Grundlage einer Rhetorik über traditionelle Familienwerte mit dem russischen Staat erfolgreich zusammengearbeitet und eine koordinierte Strategie gegen Geschlechterrechte entwickelt. Aus einer diskurstheoretischen Perspektive stellt der Beitrag die Russisch-orthodoxe Kirche (ROK) als eine zentrale politische Akteurin in aktuellen antifeministischen und sogenannten „Anti-Gender“-Mobilisierungen in Russland heraus und zeigt auf, wie Gender zum zentralen Schauplatz des Ringens um eine nationale Identität und soziale Ordnung im autoritären Regime unter Wladimir Putin geworden ist.

Quellenverzeichnis:

Bluhm, Katharina; Varga, Mihai (Hg.) (2019): New conservatives in Russia and East Central Europe. Freie Universität Berlin; Eastern Europe’s new conservatives: varieties and explanations from Poland to Russia. First issued in paperback. London, New York: Routledge (Routledge contemporary Russia and Eastern Europe series, 85).

Graff, Agnieszka; Korolczuk, Elżbieta (2022): Anti-Gender Politics in the Populist Moment. Abingdon, Oxon: Taylor & Francis.

Als Teil des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Kurzbiografie

Nach dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg, absolvierte Anna Efremowa ihr Studium der Erziehungswissenschaften und Soziologie (Bachelor) und Gender Studies (Master) an der Universität Bielefeld. Es folgten berufliche Stationen als Mitarbeiterin im Projekt „diversity policy“ an der Universität Bielefeld und als Koordinatorin für die Forschungsgruppe „Weltweite Anfechtungen von Frauen- und Geschlechterrechten“ am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) in Bielefeld. Seit 2022 arbeitet sie an einem Forschungsprojekt zum Einfluss der Russisch-orthodoxen Kirche (ROK) in den aktuellen antifeministischen und „Anti-Gender“ Diskursen in Russland am Interdisziplinären Forschungszentrum Ostseeraum (IFZO) der Universität Greifswald.

Enguix Grau, Begonya

Keynote: Masculinities, Politics, and Nations in the Spotlight: A Story of Revival or Crisis?

Geschlecht und Nation sind zwei mächtige Systeme sozialer Klassifikation, die Ausrichtung und Identifikation, Ausschluss und Distanz erzeugen. Wir alle verstehen ihre Relevanz für die soziale Organisation, einschließlich Familie, Arbeit und Staat. Allerdings ist die Nation „die am wenigsten theorisierte und anerkannte der intersektionalen Kategorien“ (Puar, 2013: 377).

Die Idee und Konstruktion der Nation impliziert spezifische Vorstellungen von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ (Yuval Davis, 1997). „Echte“ Männer wurden traditionell als (militarisierte) Verteidiger der Nation dargestellt, während Frauen als biologische und kulturelle Reproduzentinnen der Nation angesehen wurden (Slootsmaecker, 2019; Yuval Davis, 1997). Der politische Körper, die mittelalterliche Metapher, die einen Staat, eine Nation oder eine andere Kollektivität (eine Kirche, eine Gesellschaft) mit einem männlichen biologischen Körper gleichsetzt, hat immer auf einen männlichen biologischen Körper verwiesen (Gatens, 1996).

Die Verbindung von Männern zur Politik und zu Nationen war oft unsichtbar und wurde als natürlich/normal/die Norm angesehen. Im Jahr 1983 diskutierte Hartsock „abstrakte Männlichkeit“ (1983), und 1985 verwendete Dyer die „Luft“ als Metapher für die unbemerkte, aber dennoch mächtige Präsenz männlicher Standards überall.

In diesem Vortrag werde ich die Verbindungen von Männern, Männlichkeiten, Politik und Nationen untersuchen, ausgehend von den Konzepten der Verkörperung, der Performance und der Resonanz, um (männliche) Körper als mächtig, bedeutungsvoll und überflutet zu analysieren. Es scheint, dass wir heute eine „politische Wiederbelebung des Maskulinismus“ (Mellström, 2016: 135) erleben, die mit dem Ethnonationalismus, aber auch mit der Vorstellung von der verletzten Anspruchsberechtigung der Männer (Kimmel, 2017) und ihrer Viktimisierung durch feministische Agenden verbunden ist. Die Vorstellungen von einer Wiederbelebung und einer Krise der Männlichkeiten existieren nebeneinander und werden vor allem von den europäischen rechtspopulistischen Bewegungen politisch aktiviert, die anti-feministisch, (ethno)nationalistisch und maskulinistisch sind. Die Untersuchung männlicher Körper im Kontext nationaler Politik ist daher unerlässlich, um den genderisierten Körper als Ort politischen Handelns zu verorten und sichtbar zu machen, wie Männlichkeit/Maskulinismus eine grundlegende Rolle in der politischen Arena spielt.

Quellenverzeichnis:

Dyer, Richard (1985) in Andy Metcalf and Martin Humphries, eds, The Sexuality of Men (London; Pluto Press, 1985), p.28.

Gatens, Moira. 1996. Imaginary Bodies. Ethics, Power and Corporeality. London: Routledge

Hartsock, Nancy C. M. (1983) ‘The Feminist Standpoint: Developing the Ground for a Specifically Feminist Historical Materialism’, in Discovering Reality: Feminist Perspectives on Epistemology, Metaphysics, Methodology, and Philosophy of Science, ed. S. Harding and M. B. Hintikka. Boston, MA: Reidel, pp. 283–310.

Kimmel, Michael. (2017). Angry White Men. American Masculinity at the End of an Era. New York: Bold Type Books.

Mellström, Ulf (2016), “In the time of masculinist political revival”. Norma: International Journal For Masculinity Studies, v. 11, n. 3, pp. 135–138. http://dx.doi.org/10.1080/18902138.2016.1224536

McClintock Anne (1995) Imperial Leather. Race, Gender and Sexuality in the Colonial Contest. London: Routledge.

Puar Jasbir (2013) ‘I would rather be a Cyborg than a Goddess’: Intersectionality, assemblage, and affective politics. Meritum – Belo Horizonte 8 (2): 371-390.

Slootmaeckers Koen (2019) Nationalism as Competing Masculinities: Homophobia as a Technology of Othering for Hetero- and Homonationalism. Theory and Society 48: 239–265.

Kurzbiografie

Begonya Enguix Grau, PhD in Sozial- und Kulturanthropologie, ist Professorin für Sozialanthropologie an der Universitat Oberta de Catalunya (UOC) und Gastdozentin an der Karl-Franzens-Universität (Graz, Österreich), wo sie 2019 die Aigner-Rollett-Gastprofessur für Frauen- und Geschlechterforschung innehatte. Sie ist die Leiterin der internationalen Konferenzen Men in Movement (MIM) und koordiniert die Forschungsgruppe Medusa: Genders in transition. Masculinities, Affects and Bodies (UOC). Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Anthropologie von Geschlecht und Männlichkeit, Körper, Identitäten und Affekte sowie deren Überschneidungen mit Medien und Politik. Sie hat über 80 Arbeiten veröffentlicht und war an zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt. Einige ihrer jüngsten Veröffentlichungen sind Enguix Grau, B. (2023) ‘Feminist Futures?  Gender and Nation in the Pro-independence Left in Catalonia’, European Journal of Women’s Studies; Enguix Grau, B. (2023) ‘Men know, Women listen: Mansplaining, Manspreading and other Malestream Stories’ in McGlashan, M. und Mercer, J. Toxic Masculinity: Men, Meaning and Digital Media. London: Routledge; und Pichel, A. und Enguix, B. (2022) ‘Framing Gender through Affects: Antifeminism and Love in the Spanish Far Right (VOX)’, South European Society and Politics. Orcid:  0000-0002-5020-9019.

Erbe, Birgit

Moderation des Panels: (Trans-)national Feminist Organizing in the Past and Future

Moderation der Abschlussdiskussion

Kurzbiografie

Birgit Erbe, Dr. phil., Dipl.-Pol., ist Geschäftsführerin und Sozialforscherin der Frauenakademie München e.V. (FAM) mit den Forschungs- und Arbeitsschwerpunkten Geschlechterpolitik, Gleichstellung in Organisationen, Gender Budgeting, Care-Ökonomie und feministische Bewegungen; seit 2019 Beratung der Landeshauptstadt München bei der Einführung der gleichstellungsorientierten Haushaltssteuerung und seit 2022 Local Expert im Rahmen des EU-Projekts Gender Mainstreaming in Public Policy and Budgeting (GENDER FLAGSHIP); Lehraufträge an der Ludwig-Maximilians-Universität und der Hochschule München.

Jüngste Veröffentlichungen:

Eck, Sandra/ Erbe, Birgit (2023): Nachhaltige Konzeptentwicklung für Gleichstellung: Genderbezogene Indikatoren für Hochschulen. In: Mittertrainer, Mina/ Oldemeier, Kerstin/ Thiessen, Barbara (Hg.): Diversität und Diskriminierung: Analysen und Konzepte. Wiesbaden: Springer VS: 279-292.

Erbe, Birgit (2022): Gleichstellungspolitik im Kontext neuer Governance an Universitäten. Wiesbaden: Springer VS.

Digitales Ausstellungsprojekt (2021):

FEMINISTISCH VERÄNDERN: Räume, Kämpfe und Debatten in München, https://www.feministisch-veraendern.de/

Falcão, Carolina

Vortrag: Von der Kritik zur ideologischen Bedrohung: Anmerkungen zum konzeptionellen Werdegang von Gender in Lateinamerika

In diesem Beitrag wird die Entwicklung des Begriffs „Gender“ in Lateinamerika in den letzten zwei Jahrzehnten untersucht. Ausgehend von seinen kritischen Wurzeln in akademischen Kreisen der Universitäten des Globalen Nordens zeichnet die Untersuchung seinen Weg bis zu seiner aktuellen Manifestation als ideologische Bedrohung nach, die von neokonservativen rechtsextremen Diskursen auf dem Subkontinent mobilisiert wird. Dieser Weg hat die Formulierung strategischer Positionen zur Förderung illiberaler Werte ermöglicht und konservativen Akteuren, insbesondere männlichen religiösen Politikern, zuvor unzugängliche privilegierte Räume der Sichtbarkeit und politisch-institutionellen Legitimität verschafft. Die Wahl von Jair Bolsonaro in Brasilien im Jahr 2018 und die Ablehnung von Friedensverträgen in Kolumbien im Jahr 2016 sind Beispiele für die vielfältige Verwendung von Gender als Bedrohung (gegen die Familie, gegen Kinder usw.). Daher wirft die Analyse, wie der Begriff „Gender“ durch solche unterschiedlichen Perspektiven bewegt wird, eher ein Licht auf das entropische Funktionieren der aktuellen kommunikativen Wirtschaft als auf vermeintliche Missverständnisse, die der Begriff vermitteln könnte. Darüber hinaus enthüllt sie das kommunikative Modell der Fehlinformation, das aus den strukturellen Konvergenzen von digitalem Populismus, Neoliberalismus und moralischem Konservatismus entsteht. Daher ist es angebracht zu hinterfragen, wie diese Infrastruktur im Einklang mit antidemokratischen konservativen Werten funktioniert, die Gender entweder als moralisches Ziel oder als Sündenbock positionieren. Der Bedeutungswandel von Gender für politische Zwecke macht deutlich, wie der gegenwärtige Trend zur Desorganisation des Informationsumfelds eine Reorganisation in verschiedene neu entstehende Epistemai mit globalen Implikationen erleichtert, die einen intensiven Einfluss auf die lokale Politik ausüben.

Als Teil des Panels: Struggles Between Feminist Movements and Anti-Democratic Forces

Kurzbiografie

Carolina Falcão ist Journalistin und Wissenschaftlerin mit einem PhD in Medien und Religion von der Bundesuniversität von Pernambuco (UFPE, Brasilien), wo sie auch eine Postdoc-Forschung zu Menschenrechten und religiösem Aktivismus entwickelte. Derzeit ist sie Lehrbeauftragte an der Bundesuniversität von Pernambuco (UFRPE). In den letzten zehn Jahren konzentrierte sich ihre Arbeit auf die Analyse der komplexen Wechselwirkungen zwischen Religion, Medien und Politik, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Aufstieg der evangelikalen und charismatischen Bewegungen. Im Jahr 2022 wurde sie für die Teilnahme am Institute of Religious Pluralization, einem vom US-Außenministerium geförderten Programm, an der Universität Seattle ausgewählt.

Faust, Friederike

Moderation des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Vortrag: Das Gefängnis geschlechtergerecht machen: Die Transformation des Frauenstrafvollzugs in den 1980/90er Jahren
(Friederike Faust und Klara Nagel)

Als Antwort auf feministisch motivierte Kritik wurde der Strafvollzug einiger Bundesländer in den 1980/90er Jahren ‘frauenspezifisch’ umgestaltet. Ermöglicht wurde diese umfassende Umgestaltung einiger Gefängnisse auch durch die große Strafrechtsreform der 1970er Jahre, die mit dem neuen Strafzwecke der Resozialisierung und einer rechtlichen Verankerung von Gefangenenrechten argumentative Ressourcen bereit stellte, um den bestehenden Vollzug als (geschlechter)ungerecht zu problematisieren. Im Zuge dieser Reformbewegungen entstand ein neues Wissen über Frauenkriminalität bzw. straffällige Frauen. Hieran anschließend fragen wir erstens, wie dieses Wissen spezifische Vorstellungen von Geschlecht und Gerechtigkeit – genauer von einem geschlechtergerechten Strafvollzug – ermöglichte, und zweitens, wie der neue ‘frauenspezifische’ Vollzug Geschlecht bzw. Weiblichkeit konstituierte. Dabei leuchten wir das Spannungsverhältnis von Recht, Geschlecht und Gerechtigkeit dahingehend aus, wie Recht bestimmte Forderungen nach Geschlechtergerechtigkeit ermöglicht und wie Geschlecht in Kämpfen für Gerechtigkeit hervorgebracht wird.

Als Teil des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Kurzbiografie

Friederike Faust ist wissenschaftliche Mitarbeiterin (PostDoc) am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Forschungsprojekt „CrimScapes: Navigating Citizenship through European Landscapes of Criminalisation” forscht sie aus politikanthropologischer Perspektive zur Vergeschlechtlichung von Strafe und Resozialisierung. 

Fritzsche, Christopher

Vortrag: Wie genau wirkt Antifeminismus als „symbolischer Klebstoff“ in einer politischen Kampagne? Empirische Eindrücke aus den Debatten um die Einführung der „Ehe für alle“ in Deutschland 2009-2017

Auseinandersetzungen um geschlechtspolitische Themen sind einer der zentralen Kulturkämpfe unserer Zeit geworden. Politische Reformvorhaben, etwa im Bereich der Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik, werden regelmäßig von antifeministischen Kampagnen begleitet, welche die Berechtigung dieser Anliegen lautstark in Frage stellen und eine Rückkehr zu Formen traditioneller Geschlechter- und Familienpolitik fordern. Weil diese Proteste durchaus eine breite gesellschaftliche Unterstützung finden, wird in der Forschung mittlerweile davon ausgegangen, dass Antifeminismus als „symbolic glue“ (vgl. Grzebalska et al. 2017) oder auch als „Kitt“ (vgl. Lang 2015) rechter Kampagnen fungiert, da er verschiedene politische Lager und Bewegungen zusammenbringt. Allerdings ist noch genauer zu bestimmen, wie dieser Prozess im Detail abläuft und wie der Charakter der daraus entstehenden Proteste einzuschätzen ist. Handelt es sich bei den antifeministischen Mobilisierungen um spontane Bündnisse von Akteuren oder eher um längerfristig orientierte Bewegungen? Und wie positionieren sich diese Bewegungen zu anderen gesellschaftlichen Konfliktfeldern?

Der Vortrag beleuchtet exemplarisch die antifeministischen Mobilisierungen gegen die Einführung der sogenannten „Ehe für alle“ zwischen 2009 – 2017 und skizziert, wie sich die Adressierung und Aktivierung verschiedener Akteursgruppen konkret vollzog. Mithilfe einer diskursanalytischen Auswertung neurechter und christlich-rechter Medien (vgl. Fritzsche und Lang 2020) wird zunächst ein Mapping relevanter Akteure vorgestellt und im Anschluss daran beleuchtet, welche gesellschaftlichen Konfliktfelder von diesen adressiert wurden. Anhand dieser empirischen Einblicke wird deutlich, dass es sich bei den Kampagnen gegen die Einführung der „Ehe für alle“ um ein temporär angelegtes, defensiv orientiertes politisches Projekt handelte. Trotz seines politischen Scheiterns im engeren Sinne hat es jedoch die Entstehung von Akteursnetzwerken und diskursiven Allianzen begünstigt, welche auch für spätere antifeministische Kampagnen relevant blieben. Gerade aufgrund dieser ambivalenten Dynamik ist das Fallbeispiel geeignet, die wissenschaftliche Debatte zur Wirkung von Antifeminismus als verbindendes und mobilisierendes Moment sozialer Bewegungen zu bereichern.  

Als Teil des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Kurzbiografie

Christopher Fritzsche studierte Politikwissenschaft und Soziokulturelle Studien und war von 2017 bis 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „REVERSE“ an der Philipps-Universität Marburg. Derzeit ist er Promotionsstipendiat der Hans-Böckler-Stiftung. In seinem Forschungsprojekt untersucht er aus einer hegemonietheoretischen Perspektive den Einfluss antifeministischer Akteure in den Debatten um die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Deutschland 2009-2017. Seine Forschungsinteressen umfassen Rechtsextremismusforschung, Gender Studies, Sozialpsychologie und politische Theorie. 

Götz, Irene

Grußwort bei der Eröffnung der Tagung

Kurzbiografie

Irene Götz ist Professorin am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie und seit 2019 Dekanin der Fakultät für Kulturwissenschaft an der LMU München.

Graff, Agnieszka

Keynote: Saving the Children, Dismantling Democracy: Anti-Genderism and Illiberalism

Angriffe gegen die „Gender-Ideologie“ spielen eine Schlüsselrolle im illiberalen Projekt der Dämonisierung des Liberalismus, indem sie ihn auf seine soziokulturelle Dimension reduzieren und politische Gräben kulturalisieren. Während die Ursprünge des Anti-Genderismus religiös sind, ist die Rolle der Religion in der illiberalen Anti-Gender-Politik oft instrumental. In diesem Vortrag wird untersucht, was mit „Widerstand gegen Gender“ gemeint ist und wie dieser Trend mit Kernmerkmalen der illiberalen Weltanschauung resoniert: ihrem Anti-Modernismus, Anti-Globalismus, Anti-Individualismus und Post-Postmodernismus. Belege für die Konvergenz zwischen Illiberalismus und Anti-Genderismus werden aus drei Ländern herangezogen: Polen, Ungarn und Spanien. In jedem Fall haben illiberale Kräfte die Anti-Gender-Rhetorik genutzt, um die Wählerschaft zu mobilisieren und die Opposition zu dämonisieren, indem sie sie als Bedrohung für Kinder und die Familie darstellen. Ich führe das Konzept der „opportunistischen Synergie“ ein, um die wachsende ideologische Affinität und die sich entwickelnde politische Zusammenarbeit zwischen religiösen Fundamentalist*innen, ultrakonservativen zivilgesellschaftlichen Akteuren und rechtsgerichteten Politiker*innen zu erfassen.

Kurzbiografie

Agnieszka Graff ist Professorin am Zentrum für Amerikastudien der Universität Warschau. Sie hat mehrere Bücher mit feministischen Essays auf Polnisch veröffentlicht, darunter „Świat bez kobiet“ von 2001 und „Matka feministka“ von 2014. Ihre Artikel über Gender in polnischer und US-amerikanischer Kultur sind in Zeitschriften wie Public Culture, Feminist Studies, Signs, East European Politics and Societies und Journal of Modern European History erschienen. Ihr neuestes Buch, das sie gemeinsam mit Elżbieta Korolczuk verfasst hat, trägt den Titel „Anti-Gender Politics in the Populist Moment“ (Routledge, 2022, Open Access).

Grubo, Priscillia

Künstlerische Dokumentation

Kurzbiografie

Priscillia Grubo ist eine Auftragsfotografin, die in Porträts und Reportagen spezialisiert ist. Ursprünglich aus Frankreich entschied sie sich 2017 nach München zu ziehen, um ihre langjährige Leidenschaft für die Fotografie zum Beruf zu machen. Als ausgebildete Video-Editorin sammelte sie ihre ersten beruflichen Erfahrungen beim Fernsehen. Einige Jahre später startete sie ihre Karriere als Fotografin.

Als Schwarze Frau mit karibischen Wurzeln interessiert sie sich besonders für politische Themen und beteiligte sich 2021 mit dem Kollektiv Noir Society an der antirassistischen Kampagne „N-Wort Stoppen München„. 2022 wurde sie für die „Förderpreise für bildende Kunst und angewandte Kunst München” nominiert. Bei der Gruppenausstellung präsentierte sie die Porträts der N-Wort Stoppen Kampagne München.

Im März 2023 war sie außerdem am Münchner feministischen Programm #Sieinspiriertmich beteiligt und entwickelte mit dem Kollektiv F*AMLab das Programm «Money, Money, Money: Feministische Perspektiven auf Geld». Sie zeigte in diesem Rahmen die Fotoarbeit „Breadwinners“ in einer eigenen Ausstellung.

Gutekunst, Miriam

Moderation der Podiumsdiskussion: Gender Matters in Social Movements: A Conversation at the Interface of Academia and Activism

Kurzbiografie

Miriam Gutekunst ist Postdoc-Mitarbeiterin am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der LMU München. Sie forscht seit vielen Jahren ethnographisch zu Grenzziehungsprozessen und Machtverhältnissen in postmigrantischen Gesellschaften, wobei postkoloniale, rassismuskritische sowie geschlechtertheoretische Perspektiven einen Schwerpunkt bilden. Im Rahmen ihres Promotionsprojekts beforschte sie in Marokko am Beispiel des „Familiennachzugs“ die konflikthafte Umsetzung europäischer Migrationspolitik (2018 erschienen bei Transcript: Grenzüberschreitungen. Migration, Heirat und staatliche Regulierung im europäischen Grenzregime). Aktuell arbeitet sie an einem DFG-geförderten Forschungsprojekt, in dem sie das Geschlechterwissen feministischer Initiativen untersucht, die sich gegen Phänomene wie FGM-C und ‚Zwangsheirat‘ engagieren. Sie ist mitverantwortlich für die digitale Ausstellung „Feministisch verändern: Räume, Kämpfe und Debatten in München“. Sie ist Mitglied des F*AMLab – Labor für feministische Forschung, Bildung und Praxis. Außerdem beschäftigt sie sich mit der Praxis des Schreibens sowie mit Fragen und Herausforderungen engagierter Wissenschaft.

Hilsenbeck, Polina

Teil des Workshops: Denkwerkstatt: Zum verändernden Potential feministischer Arbeitspraxen in Beratungs-, Therapie- und Bildungskontexten
(Sandra EckAlexandra RauNina Reggi-GraßlMarlene Roiser [abgesagt] und Maria Schmitter)

Was eint feministische Berater*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Dozent*innen/Lehrende? Sie alle berücksichtigen Geschlecht als konfliktbehaftete Strukturkategorie in ihren Arbeitskontexten, sie operieren innerhalb zwischenmenschlicher Interaktion und verfolgen den Anspruch mittels Wissenstransfer Machtverhältnisse zu bewegen. Beratend, lehrend, unterstützend, eingreifend oder richtungsweisend versuchen sie in ihrer täglichen Arbeitspraxis Widerstand gegen patriarchale Logiken zu leisten. Fasst man den Bewegungsbegriff weit und bezieht auch Widerstandsformen mit ein, die zwar nicht auf der Straße zum Ausdruck gebracht werden, aber das politische Anliegen verfolgen, sozialen Wandel zu erwirken, lassen sich auch all jene Akteur*innen als Teil einer feministischen Bewegung begreifen, die in genannten Tätigkeitsfeldern auf Veränderung abzielen.

Feministische Beratungs- und Therapieansätze sind dabei nicht neu. Bereits seit den 1970er Jahren, entstanden während der zweiten Frauenbewegung und den sogenannten Consciousness-Raising-Gruppen, gehören sie heute zum festen Repertoire therapeutischer Maßnahmen, wenn sie auch immer noch unterrepräsentiert sind. Auch die Soziale Arbeit blickt auf ein differenziertes Feld geschlechtertheoretischer Perspektiven zurück und nicht zuletzt im Hochschulkontext haben antidiskriminierende Lehr-Lern-Konzepte Einzug in Weiterbildungsprogramme erhalten. Nichtsdestotrotz gehört das Miteinbeziehen und Hinterfragen von Subjekt-Struktur-Zusammenhängen nach wie vor nicht zum Mainstream innerhalb der hier aufgeführten Arbeitskontexte, sondern wird dort nur von einigen wenigen – meist explizit als feministisch gelabelt – praktiziert.

Die offene Werkstatt soll dieser Nischenperspektive Raum geben. Wir wollen mit diesem Format einen gemeinsamen Ort des Austauschens, der Bestandsaufnahme und Vernetzung schaffen. Ausgehend von den jeweiligen alltäglichen Berufserfahrungen und Praxen wollen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, Synergieeffekte sowie gängige Fallstricke der einzelnen Arbeitsbereiche debattieren und schließlich konstruktiv in die Zukunft denken: Wie können feministische Ansätze in Beratungs-, Therapie- und Bildungssettings anhand welcher konkreter Methoden möglicherweise kollektiv weitergeführt werden, um sowohl individuelle Lebenssituationen zu verbessern als auch soziale Ungleichheitsverhältnisse zu verändern. Das Format folgt dabei dem Prinzip der Un-konferenz, und lädt alle ein, die interessiert sind oder selbst etwas beitragen möchten.

Kurzbiografie

Dipl. Psych, PPT. 1978 Mitgründerin des FrauenTherapie Zentrum – FTZ e.V und gGmbH in München, bis Ende 2016 als fachliche Gesamtleitung und Geschäftsführung. Das FTZ ist ein Träger für ambulante Dienstleistungen für Frauen und deren Kinder aus 80 Kulturen, im Bereich Sozialpsychiatrie, Trauma-, Krisen- und Suchthilfe, mit ca. 150 Mitarbeiterinnen. Seither freiberuflich tätig als Supervisorin und Fortbildungsreferentin; Genderbeauftragte im Vorstand des Gesundheitsbeirats der LH München. Zahlreiche Veröffentlichungen in Fachbüchern und -zeitschriften.

Höcker, Charlotte

Workshop: „Klimaaktivistinnen im Kofferraum wegsperren“: Anti-Greta-Memes als antifeministische Konfliktabwehr [ABGESAGT]
(Johanna Maj Schmidt und Charlotte Höcker)

Mit ihrem “Schulstreik für das Klima” hat die junge Aktivistin Greta Thunberg im Jahr 2018 eine Klimaschutz-Bewegung ins Rollen gebracht, die sich seitdem unter dem Hashtag #FridaysforFuture international organisiert. Als Gesicht der Bewegung geriet Greta schnell ins Kreuzfeuer extrem rechter Klima-Leugner*innen. Am Beispiel der Fülle an Memes, die sich auf die Klimaschutz-Aktivistin beziehen, gibt der Workshop zunächst einen Einblick in die politische Relevanz von Internet-Memes. Doch was genau stört extrem Rechte eigentlich an Greta Thunberg? In einem theoretischen Teil wollen wir die ideologischen Verbindungen zwischen Antifeminismus und Klima-Leugnung näher beleuchten. Misogyne Bilder, Angst und Hass auf Frauen, insbesondere in dem Moment ihrer Emanzipation aus bestimmten Geschlechterrollen, sind tief verankert in der abendländischen Kultur und Gesellschaft (Planert, 1998). Wenn das Geschlechterverhältnis als durch Kultur vermitteltes Naturverhältnis verstanden wird, kann der herrschaftstheoretischen Bedeutung der Kategorie Geschlecht als Platzanweiser in der Gesellschaft eine psychodynamische bzw. subjekttheoretische Annäherung beigestellt werden. Als solches dient Geschlecht und insbesondere das „Einsperren“ einer störrischen, emanzipatorischen und aufklärerischen Weiblichkeit der Abwehr von Konflikten. Greta Thunberg zeigt mit dem Finger auf die Klimakatastrophe und macht damit die zerstörerischen Folgen menschlichen Handelns im Kapitalismus bewusst. Sie zeigt die Begrenztheit der menschlichen Omnipotenz und sogar die Bedrohung ihrer Existenz auf. Auch weil es darum geht, diese schmerzhaften und bedrohlichen Bewusstwerdungsprozesse zu vermeiden, eignen sich die frauenfeindlichen Bilder der Aktivistin als Blitzableiter für diffuse Ängste und Aggressionen. Im praktischen Teil des Workshops werden die Teilnehmer*innen dazu eingeladen, mittels der psychoanalytisch sozialpsychologischen Interpretationsmethode nach Alfred Lorenzer (1986) gemeinsam ein Anti-Greta-Meme tiefenhermeneutisch zu analysieren.

Kurzbiografie

Charlotte Höcker ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Else-Frenkel-Brunswik Institut für Demokratieforschung in Sachsen, in Ausbildung zur psychoanalytischen und tiefenpsychologischen Therapeutin und schon viele Jahre feministisch engagiert. In der sozialraumnahen Forschung, etwa im Projekt “Geschlechterdemokratie im Erzgebirge”, sowie in den Leipziger Autoritarismus Studien, befasst sie sich insbesondere mit gesellschaftlichen und psychodynamischen Konflikten rund um die Themen Antifeminismus und Emanzipation.

Hülsmann, Greta Marlene

Vortrag: Bedeutungen von (historischem) Wissen von Geschlecht für heutige queere Bildungsarbeit

Greta Marlene Hülsmann wird auf dem Panel eine zeitgenössische Perspektive auf queeren Aktivismus bieten. Inwiefern ist historisches Wissen für queere Aufklärungs- und Antidiskriminierungsarbeit an Berliner Schulen relevant? Was sind die aktuellen Herausforderungen der nächsten Generation von LSBTIQ*? Und wie gestaltet sich die gegenwärtige Zusammenarbeit nicht nur von Lesben und Schwulen, aber auch von anderen Gruppen innerhalb und außerhalb von LSBTIQ* Bewegungen für queere Rechte?

Als Teil des Panels: Geschlecht als Konfliktfeld in LSBTIQ*-Bewegungen seit den 1970er Jahren

Kurzbiografie

Greta Hülsmann (sie/dey) arbeitet im Forschungsprojekt „Menschenrechte, queere Geschlechter und Sexualitäten seit den 1970er Jahren“ an der Freien Universität Berlin. Das Projekt ist Teil der Forschungsgruppe „Recht – Geschlecht – Sexualität“. Andrea Rottmann, Greta Hülsmann und Merlin Sophie Bootsmann geben gemeinsam den Blog „History/Sexuality/Law“ zu historischen Verflechtungen von Sexualität und Geschlecht mit Recht heraus. Greta Hülsmann schließt in diesem Jahr ihr Bachelorstudium in Geschichte ab.

Ibrahimkhil, Fahima

Als Teil des Panels: A Bleak Reality: Twenty-First Century and Afghan Women

Dieser Vortrag soll einen nuancierten und umfassenden Überblick über die Realitäten geben, mit denen afghanische Frauen in Afghanistan konfrontiert sind. Darüber hinaus soll Bewusstsein für die dringende Notwendigkeit einer anhaltenden globalen Aufmerksamkeit und gemeinsamer Anstrengungen geschaffen werden, um afghanische Frauen dabei zu unterstützen, ihre Rechte auf Bildung, Arbeit und soziale Freiheiten trotz der erschwerenden Umstände, denen sie ausgesetzt sind, einzufordern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Einschränkungen, die der Bildung von Mädchen auferlegt werden, auf den Restriktionen für Frauen in der Arbeitswelt und auf der Beschneidung sozialer Freiheiten. Im Anschluss an den Vortrag steht das Podium auch für eine moderierte Diskussion über eine umfassendere geschlechtersensible Perspektive auf die Situation in Afghanistan und Deutschland offen.

Kurzbiografie

Fahima Ibrahimkhil erwarb ihren BA in Sonderpädagogik an der Kabul Education University, Kabul, Afghanistan (2006-2009). Schließlich (2018-2020) erwarb sie mit einem Stipendium der Weltbank einen Master of Human Sciences an der International Islamic University Malaysia, Kuala Lumpur. In ihrer Abschlussarbeit befasste sie sich mit den Bildungs- und Beschäftigungsbedürfnissen von Menschen mit Sehbehinderungen in Afghanistan. Fahima war Assistenzprofessorin an der Kabul Education University (2010-2022) und leitete zwei Semester lang die Abteilung für Bildung für Menschen mit Sehbehinderungen (unter dem Dach der Sonderpädagogik). Außerdem arbeitete sie als Vermittlerin für den British Council in Afghanistan (2011-2021). Gleichzeitig war sie als MHPSS-Beraterin (psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung) und Forscherin für POMA tätig. Außerdem war sie Mitglied mehrerer Ausschüsse an der Kabul Education University und leitete den Kulturausschuss der Universität. Derzeit promoviert sie mit Unterstützung eines DAAD-Stipendiums an der Universität Hildesheim. Ihr Forschungsgebiet sind Stressbewältigungsstrategien von geflüchteten Frauen. Sie hat zwei Artikel in einer internationalen Zeitschrift über Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen und mehrere Artikel in der akademischen Zeitschrift der Universität Kabul veröffentlicht. Sie hat zahlreiche Konferenzen zu verschiedenen Themen abgehalten. Außerdem hat sie an mehreren Schulungen und Konferenzen auf nationaler und internationaler Ebene teilgenommen (z. B. in Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Sri Lanka, Bangladesch, Indien, Pakistan und Kambodscha). Für ihre Veröffentlichungen und Vorträge verwendet sie fünf Sprachen.

Joos, Lena

Vortrag: Die umkämpfte Herstellung feministischer Zukünfte: Konflikte und gemeinsame Visionen transnationaler Frauenbewegungen an den NGO-Foren in Kopenhagen 1980 und Nairobi 1985

Die Geschichte von Frauen- und feministischen Bewegungen ist seit jeher nicht nur transnational geprägt, sondern auch von Konfliktfeldern, Brüchen und Aushandlungsprozessen durchzogen. So führte auch das Erstarken transnationaler Frauenbewegungen seit den 1970er Jahren zu neuen Streitfragen und Spannungslinien. An den NGO-Foren der Weltfrauenkonferenzen während der UN-Dekade der Frau 1976–1985 trafen Akteur*innen aus unterschiedlichsten Kontexten und sozialen Bewegungen aufeinander. Insbesondere Aktivist*innen aus der sogenannten «Dritten Welt» forderten den vornehmlich westlichen, weissen Mittelklasse-Feminismus von Akteur*innen aus dem globalen Norden heraus und förderten Aushandlungen über vielfältige Visionen von Feminismus und Kämpfe für Frauen.

Der Beitrag untersucht diese Aushandlungsprozesse feministischer Visionen an den NGO-Foren 1980 in Kopenhagen sowie 1985 in Nairobi. Es wird danach gefragt, welche Konfliktfragen und Debatten an den Konferenzen geführt wurden und von welchen Herrschaftsverhältnissen und Differenzkategorien diese Aushandlungen geprägt waren. Die NGO Foren waren aber nicht nur Orte des Konfliktes, sondern auch Räume in denen Spannungen überbrückt wurden und gemeinsame feministische Visionen und Kämpfe erträumt werden konnten. Der Beitrag fragt daher auch nach den geteilten Zukunftsvorstellungen, Hoffnungen und Solidaritäten, die in Kopenhagen und Nairobi erschaffen wurden. Zukunftsvorstellungen werden dabei als soziale und politische Handlungen konzipiert und als Zugang zu einem geschärften historischen Verständnis von vergeschlechtlichten Bewegungen verstanden.

Die internationalen NGO Foren der UN-Dekade der Frau hatten tiefgreifende Einflüsse auf die Geschichte feministischer Kämpfe und Bewegungen – sowohl auf einer globalen wie auch auf einer lokalen Ebene. Der Fokus auf die Konflikte, wie sie unter anderem zwischen Frauen aus dem «Globalen Süden» und «Globalen Norden» ausgetragen wurden, ermöglicht einer eurozentristischen Geschichtsschreibung entgegenzuwirken und aufzuzeigen, wie Frauen aus dem «Globalen Süden» transnationale Frauenbewegungen und vergeschlechtlichte Kämpfe transformiert haben. Die Untersuchung der ausgetragenen Konflikte sowie der Herstellung gemeinsamer Zukunftsvisionen trägt nicht zuletzt auch zu einem besseren Verständnis von gegenwärtigen sozialen Bewegungen bei, die in vielfältiger Weise transnational vernetzt sind.

Als Teil des Panels: (Trans-)national Feminist Organizing in the Past and Future

Kurzbiografie

Lena Joos ist seit November 2020 Doktorandin am Lehrstuhl für Zeitgeschichte in globaler Perspektive an der Universität Bern. Ihr Dissertationsprojekt untersucht Zukunftsvorstellungen in transnationalen Frauenbewegungen (1970-2000). Sie erforscht, welche Ideen und Visionen Aktivist*innen auf internationalen Kongressen und in lokalen Bewegungen in transnationalem Austausch entwickelten und mit welchen Konflikten und Machtverhältnissen die Gestaltung dieser Zukünfte verknüpft war. Lena hat einen Masterabschluss in Geschichte und Geografie der Universität Bern. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Frauen- und Geschlechtergeschichte, globale Geschichte der Frauenbewegungen und feministischen Bewegungen, Geschichte der Zukunft, dekolonialer Geschichte sowie vergleichender Geschichte. Sie beschäftigt sich sowohl innerhalb der Universität wie auch in aktivistischen Kontexten mit Fragen von Machtverhältnissen, Wissensproduktion, Transformation und (Queer)-Feminismus.

Keicher, Sybille

Grußwort bei der Eröffnung der Tagung

Kurzbiografie

Dipl.-Soziologin, FAM-Vorständin, Mentorin, Beraterin.
Rentnerin, während des Berufslebens in der Erwachsenenbildung tätig.

Kapetanovič, Mišo

Vortrag: The Rise and Demise of Queer Clubbing in the Post-Yugoslav Region: Identity, Resistance, and Cultural Conflicts 

Als Teil des Panels: Queer(ing) Claims Making

Kurzbiografie

Mišo Kapetanovič ist ein Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiat und Postdoktorand am Institut für Habsburg- und Balkanstudien der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seine Forschungsinteressen umfassen den Alltag, die Arbeiterkultur, Arbeitsmigration, queere Kultur, populäre Musik und volkstümliche Gedenkpraktiken.

Klatte, Luisa

Vortrag: (Post-)Sozialistische Feminismen und das Recht auf Schwangerschaftsabbruch

In Polen wurde das ohnehin restriktive Abtreibungsrecht 2021 und trotz landesweiter Massenproteste weiter verschärft. Seitdem sind Abbrüche in nur wenigen Fällen erlaubt, was einem faktischen Abtreibungsverbot gleichkommt. Dieser Rückschritt in Sachen Frauenrecht und Selbstbestimmung wird in zahllosen wissenschaftlichen wie aktivistischen feministischen Arbeiten aus Polen verhandelt. Dabei fällt auf, dass in historischen Arbeiten oder bewussten Rückgriffen auf die polnische Geschichte die Zeit der kommunistischen Volksrepublik Polen (PRL) bis auf einige Ausnahmen weitgehend ausgespart wird – und das obwohl Schwangerschaftsabbrüche anders als heute ab 1956 legal und kostenlos waren.

Diese Irritation nimmt der Vortrag zum Ausgangspunkt und will mit Verweis auf Entwicklungen aus der DDR, bzw. Ostdeutschland anhand des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch Spezifika (post-) sozialistischer Feminismen herausarbeiten. Denn für die DDR lässt sich ähnliches konstatieren: 1972 trat eine vergleichsweise liberale Fristenlösung in Kraft, die Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisierte. Dennoch dominiert in der deutschen Frauenbewegung die Erzählung von einem 150-jährigen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen wodurch frauenrechtliche Positionierungen sowie DDR-spezifische Wissensbestände in puncto Abbruch in Vergessenheit geraten. Das will der Vortrag ändern und ausgehend von politischen Entscheidungen sowie Beiträgen aus Wissenschaft, Kultur und Frauenbewegung(en) in DDR und PRL eine Annäherung an (post-)sozialistische Feminismen leisten. Dadurch soll ihre Position im westlich dominierten Geschlechterdiskurs gestärkt und einen Beitrag zur Erweiterung des Bewegungsbegriffes geleistet werden, um verschiedene Protestformen auch außerhalb westlicher Demokratien als legitim anzuerkennen.

Als Teil des Panels: Body Politics: Konflikte um Abtreibung zwischen West- und Osteuropa

Kurzbiografie

Luisa Klatte hat Kulturwissenschaften und Interdisziplinäre Polenstudien an den Universitäten Lüneburg, Halle (Saale) und Poznań studiert. Ihre Masterarbeit mit dem Titel „Piekło kobiet trwa. Abtreibungsdiskurs und feministische Kritik in Polen 1993–2016“ wurde 2020 vom Wissenschaftlichen Förderpreis des Botschafters der Republik Polen mit einer Auszeichnung bedacht. Nach ihrem Studium arbeitete Klatte zunächst für die Wissenschaftsplattform Pol-Int an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), bevor sie im Rahmen des Pre-Doc Awards der Universität Leipzig ihre Promotion am Institut für Slavistik aufnahm. Zum Februar 2022 wurde sie in die Promotionsförderung der Hans-Böckler-Stiftung mit dem Forschungsvorhaben „Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in der DDR und in der Volksrepublik Polen“ aufgenommen. Sie hatte verschiedene Lehraufträge am Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig inne. Darüber hinaus leitet sie die Arbeitsgruppe Diversität und Chancengleichheit in der Jungen DGO, einem Verbund für Nachwuchswissenschaftler*innen innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO).

Klotz, Celine

Vortrag: Identitätspolitik. Zur Genese eines Begriffs und seiner Instrumentalisierung im Kampf um die feministische Deutungshoheit

Identitätspolitik entstand in den 1970er Jahren als Sammelbezeichnung für politische Strategien, die auf die noch junge Einsicht in die intersektionale Beschaffenheit des Politischen antworteten. Das Combahee River Collective konstatierte in seinem populär gewordenen Statement, dass Befreiungspolitiken angesichts der Verzahnung verschiedener Unterdrückungsverhältnisse zu komplexen Gefügen nicht stellvertretend, sondern idealerweise ausgehend von eigenen Betroffenheiten betrieben werden sollen. Die Priorisierung von Betroffenenperspektiven in öffentlichen Debatten kann sowohl epistemisch (aufgrund der Expertise) oder strategisch (als subversive Praxis) vorteilhaft als auch moralisch (als Akt der Anerkennung) geboten sein. In tagespolitischen Debatten wird nun nicht nur von konservativen oder wirtschaftsliberalen, sondern auch von emanzipatorischen Kräften eine „Cancel Culture“, die Gefährdung der „Offenheit von Forschung, Lehre und Diskussion“ (FAZ) sowie die Vorherrschaft von Identitätspolitik, hier im Sinne einer Individualisierung politischer Kämpfe bei gleichzeitiger Ausklammerung der Sozialen Frage befürchtet.

Dabei nahmen Identitätspolitiken implizit gerade in der Organisation von Arbeiter*innen während der Industrialisierung ihren Anfang; und auch bei einem Blick in die explizite Etablierung in den 1970ern wird deutlich, dass es Identitätspolitiken weder um die Abkehr von Analysen sozioökonomischer Ungleichheit noch um die Fixierung einer homogenen Identität gegen andere geht und ging – stattdessen sollte die Perspektive einer Bündnispolitik ermöglicht werden, die Differenzen anerkennt, ohne sie zu reifizieren.

Der Vortrag versucht, den Begriff der Identitätspolitik in seiner Genese sowie im Kontext tagespolitischer und innerfeministischer Debatten zu durchleuchten. Dabei wird sich zeigen, dass der gegenwärtige, vorrangig ablehnende Begriffsgebrauch den Effekt einer Instrumentalisierung in Kämpfen um diskursive Deutungshoheit darstellt. Die begriffsgeschichtliche Analyse zeigt, dass es sich um eine reaktionäre Verwendung handelt, die vor allem der Selbstlegitimation von Feminismen dient, die nach wie vor universelle Geltungsansprüche erheben und sich damit der Reflexion ihrer potentiellen Verwobenheit in Herrschaftsverhältnisse entziehen.

Als Teil des Panels: Struggles Between Feminist Movements and Anti-Democratic Forces

Kurzbiografie

Celine Klotz studiert und lehrt Philosophie an der Universität Stuttgart und beschäftigt sich vorrangig mit Gender und Queerness, politischen Transformationen, Subversionspraktiken und Feminismen in Theorie und Praxis. Ihr Interesse gilt dabei im Besonderen den ideengeschichtlichen Kontexten um und impliziten Prämissen in Theorien sowie den begriffsbildenden Prozessen, die sie über sich hinaustreiben. Ihre Beiträge zu aktuellen Debatten lassen sich an der Schnittstelle zwischen politischer Theorie und Praxis verorten, deren wechselseitige Bedingtheit sie in der Vermittlung zu realisieren sucht.

Krenz, Anna

Vortrag: Global Scream! Kunst und Aktivismus der polnischen Migrant:innen in Berlin

Seit die konservative und autoritäre Partei Recht und Gerechtigkeit 2015 die Macht in Polen übernommen hat, sind Tausende von Menschen auf die Straße gegangen. Als damit gedroht wurde, das Recht auf Abtreibung einzuschränken, entstand in Polen eine neue soziale Bewegung, Dziewuchy (Mädels). Der Aktivismus der polnischen Migrant:innen aus dem Kollektiv Dziewuchy Berlin besteht nicht nur aus Protesten und Solidaritätsaktionen mit Polen, sondern auch aus dem Kampf für Frauen- und LGBT-Rechte in Deutschland. 

Ein großer Teil der aktivistischen Praxis von Dziewuchy Berlin ist Kunst – bildende Kunst, Literatur oder Performance. Was die kreative Aktionen des Kollektivs ebenfalls kennzeichnet, ist die Schaffung von Dingen und Realitäten. Eine Initiative ist die Botschaft der Polinnen*, eine künstlerische Rauminstallation, die einen Platz für jede Person, unabhängig vom Geschlecht, bietet. Jede Person kann eine Botschafterin für polnische Frauen in Berlin sein.

Für Dziewuchy Berlin es ist auch wichtig, sich weitgehend zu vereinen, nicht nur über die Grenzen hinweg, sondern auch innerhalb feministischer Kreise, die oft ausgrenzend sein können. Besonders in Berlin, einer Stadt, die immer noch in vielerlei Hinsicht geteilt ist. Um die geteilten feministischen Gemeinschaften Berlins zu vereinen, hat das Kollektiv für 2019 die Aktion „Global Scream“ vorgeschlagen, eine Minute des Schreiens. Seitdem findet die Aktion jedes Jahr zum Frauentag statt. Im Kollektiv Dziewuchy Berlin sind sowohl Frauen als auch Männer Mitglied.

Bei den Kämpfen für Frauen- und LGBT-Rechte, insbesondere im Exil, können wir es uns nicht leisten, jemanden auszuschließen. Zumal rechtskonservative Kreise grenzüberschreitend (zu) gut vernetzt sind.

Kann Kunst vereinen? Können künstlerische Aktionen zu Veränderungen beitragen? Was sind die Kämpfe auf den Straßen Berlins? Womit sind polnische Aktivist:innen im Ausland konfrontiert? Ist feministische Solidarität gegenseitig? Sind Proteste genug? Der Vortrag bietet einen auto-ethnographischen Einblick in die künstlerischen und politischen Aktivitäten des feministischen Kollektivs Dziewuchy Berlin durch seine Gründerin, die polnische Künstlerin Anna Krenz.

Als Teil des Panels: Body Politics: Konflikte um Abtreibung zwischen West- und Osteuropa

Kurzbiografie

Anna Krenz (geb. 1976, Poznań, Polen) ist Künstlerin, Architektin, Redakteurin und Aktivistin. Sie schloss ihr Studium an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität Poznań ab und absolvierte ihren Master an der Architectural Association in London. Krenz schafft engagierte Kunst, beschätigt sich mit Frauen*fragen, gesellschaftspolitischen Themen, Stereotypen und Religion. Seit 2000 ist sie Mitgliederin des Frauen-Designstudios Sinus_3, das sich mit Fragen der Architektur, der Ökologie und der Gestaltung des öffentlichen Raums befasst. 2003-2012 leitete sie zusammen mit Jacek Slaski die Galerie ZERO in Berlin, in der über 100 Ausstellungen, Konzerte und Happenings mit Künstler*innen aus Polen, Deutschland und der ganzen Welt stattfanden. 2007-2009 war sie Chefredakteurin der Designmagazin „VOX Design“ und „re:design“. Krenz ist Gründerin der Kollektivs Dziewuchy Berlin, Gründerin und Vorsitzende des Vereins Ambasada Polek e.V., Initiatorin und Mitgliederin des International Council of Polish Women+. Seit 2003 lebt sie mit ihrem Sohn in Berlin.

Kretschel-Kratz, Michèle

Vortrag: „Gute Geburten für Alle”? Recht und Geschlecht in Politiken des gerechten Gebärens.

Geburtsaktivist:innen beschreiben Infrastrukturierungen des Gebärens seit Jahrzehnten als problematisch. Aktuell verknüpfen sie Fragen der fachlichen Ausgestaltung des Gebärens – also welche Begleitung und Unterstützung das Gebären bedarf – explizit mit der Verhandlung von Fragen nach (reproduktiver) Gerechtigkeit in Zeiten der Care-Krise. Dabei wird „geburtshilfliche Versorgungssicherheit” im Verhältnis zu den (klinischen) Arbeitsbedingungen diskutiert und auch Gewalt und Diskriminierung bei der Geburt sowie die Selbstbestimmung von Gebärenden werden adressiert. Der Beitrag wird sich mit Momenten der Aushandlung von Gerechtigkeit des Gebärens im Zuge konkreter rechtlicher Mittel und rechtspolitischer Forderungen beschäftigen, wie sie zuletzt auch Eingang in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung gefunden haben, und fragt: Welche Vorstellungen vom Gemeinsamen liegen der politischen Forderung nach „guten Geburten für Alle” zugrunde? Wie sind diese vergeschlechtlicht? Wie wird Recht – beim Versuch der Herstellung und Aufrechterhaltung gerechter Verhältnisse des Gebärens – produktiv?

Als Teil des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Kurzbiografie

Michèle Kretschel-Kratz ist Hebamme und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie promoviert im DFG-Forschungsprojekt „Recht – Geschlecht – Kollektivität. Das umkämpfte Allgemeine und das neue Gemeinsame” zu Prozessen gemeinwohlorientierter Infrastrukturierung des Gebärens. Ihre Schwerpunkte sind Legal Gender Studies, Anthropology of Policy, Care und Reproduktion.

Kuring, Alexandra

Vortrag: Feministische Bewegungen ethnischer Minderheiten: Gegenwärtige Formen der Geschlechter- und Gesellschaftskritik von Sorb*innen

Auch wenn es in den letzten Jahren viele Fortschritte in Sachen Gleichstellungsfragen gegeben hat, bestehen weiterhin vielfältige, oft tief verwurzelte geschlechtsspezifische Diskriminierungen. Angehörige von Minderheiten stellen eine besonders vulnerable Gruppe dar, da sie aufgrund intersektionaler Machtverhältnisse Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt sind. Gleichzeitig sind ethnische Minderheiten, wie die Sorb*innen bisher kaum in der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatte um Feminismus präsent.

Dieser Beitrag nimmt gegenwärtige sorbische Repräsentationen der Geschlechterkritik in den Blick. Dazu werden verschiedene Formen der individuellen und kollektiven Positionierung im Zusammenhang mit feministischen Zielen vorgestellt. Innerhalb der autochthonen Minderheit lässt sich seit einiger Zeit ein vielfältiges Engagement der Geschlechterkritik beobachten, das von Debatten über eine geschlechtergerechte Überarbeitung der sorbischen Nationalhymne, über sorbischen feministischen Rap und Subkultur im Internet bis hin zu freien Kunst- und Kulturinitiativen reicht.

Während soziologische Begriffsdefinitionen oftmals formale und zielorientierte Aspekte sozialer Bewegungen hervorheben, geraten dabei informelle Interaktionen oft in den Hintergrund. Dieser Beitrag möchte daher erkunden, wie auch alltägliche, weniger formalisierte und zwischengeschaltete Formen des Dissenses in ein weit gefasstes Bewegungskonzept einbezogen werden können.

Als Teil des Panels: Widersprüche und Konflikte in feministischen Bewegungen

Kurzbiografie

Alexandra Kuring ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Kulturwissenschaften am Sorbischen Institut in Bautzen. Sie hat ihren Master in European Studies an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) abgeschlossen. Ihre Masterarbeit verfasste sie zu dem Thema „’Wir haben uns vor diesem Sommer nicht gekannt‘ – Politische Mobilisierung der belarusischen Diaspora in Deutschland im Zuge der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020“. Ihr Bachelorstudium der Medienforschung absolvierte sie an der TU Dresden mit einem Studienaufenthalt an der Universität Wrocław in Polen. Alexandra Kuring interessiert sich insbesondere für die Rolle von Frauen innerhalb sozialer Bewegungen sowie die qualitative Erforschung von Fragen nach Identität und Zugehörigkeit.

Löffler, Johanna

Studentische Mitarbeiterin

Kurzbiografie

Johanna Löffler befindet sich im dritten Semester des Masterstudiengangs „Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einem Forschungsschwerpunkt auf Visuelle Anthropologie. Im Rahmen der Tagung ist sie als studentische Hilfskraft am Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie tätig. Neben dem Studium absolviert sie eine Weiterbildung zur Theaterpädagogin.

Mackenroth, Gisela

Vortrag: Von lokalen Protesten zu transnationaler Solidarität? Der feministische Streik und neue Potentiale politischer Teilhabe

In meinem Tagungsbeitrag möchte ich den Fokus auf feministische Streikinitiativen in Europa richten. Dabei gehe ich der Beobachtung nach, dass sich mit der Idee des feministischen Streiks im Bewegungsfeld neue transnationale Handlungs- und Orientierungsweisen herausgebildet haben. In einem ersten empirischen Schritt möchte ich dieses neue Verhältnis von lokaler und transnationaler Praxis rekonstruieren: Wo werden transnationale Bezüge in feministischer Streikpraxis erkennbar? Wo gelingt es damit, lokales Handeln zu stärken und wo treten Konflikte auf? Grundlage für meine Untersuchung sind Interviews mit Aktivist*innen aus Süd- und Westeuropa. Damit beleuchte ich, wie sich die Idee des feministischen Streiks ausgehend vom lateinamerikanischen und spanischen Vorbild jüngst Jahren lokal weiterentwickelt hat. In einem weiteren Schwerpunkt nehme ich translokale Vernetzungen in den Blick. In diesem Sinne habe ich das von insbesondere von Osteuropa ausgehende Netzwerk „EAST“ untersucht, das während der Pandemie feministische Kämpfe zu Care-Arbeit und solche gegen autoritäre, rechte Regierungsweisen transnational vernetzt hat. Hier beziehe ich mich auf teilnehmende Beobachtungen und Formate kooperativer Wissensproduktion. Neben Strategien von Protest und Widerstand im engeren Sinne setze ich mich mit feministischen Interventionen im öffentlichen Raum, aktivistischer Kunst und Strategien kritischen Kartierens auseinander. Eine für mich zentrale Beobachtung dieser empirischen Untersuchung ist: Gerade mit Momenten der Transnationalisierung verbinden die Streikinitiativen verschiedene Kämpfe (etwa gegen patriarchale Gewalt, um reproduktive Gerechtigkeit oder für eine Neuorganisation von Care-Arbeit). Darauf aufbauend gelingt es feministischen Initiativen, in bewegungsübergreifenden Bündnissen – etwa gegen neoliberale Reformen oder regressive Grenzpolitik – soziale Fragen (mit) zu formulieren und so Anliegen gesellschaftlicher Transformation ausgehend von Bedingungen sozialer Reproduktion zu entwickeln. Dies nehme ich zum Anlass, um in einem zweiten theoriegeleiteten Schritt im untersuchten Transnationalisierungsprozess Aspekte der Solidarität herauszuarbeiten und mit gesellschaftstheoretischen Konzepten zu diskutieren, die Solidaritätsbeziehungen auch als Verarbeitung von Differenz und Konflikt verstehen. Hiermit möchte ich bewegungsseitige Erfahrungen und Wissensbestände zur gegenwärtigen Debatte beitragen, wie demokratische Teilhabe ausgeweitet werden kann.

Als Teil des Panels: (Trans-)national Feminist Organizing in the Past and Future

Kurzbiografie

Gisela Mackenroth forscht im BMBF-Projekt „Movements of Europe. Transnationale Soziale Bewegungen und Bruchlinien der Solidarität“ an der Universität Jena. Ihr Schwerpunkt liegt auf einer raumbezogenen Analyse feministischer Bewegungen in Europa. Zuvor hat sie am Internationalem Zentrum für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen im BMBF-Projekt „Populismus und Demokratie in der Stadt“ wohnungs- und verkehrspolitische Konflikte in Stuttgart untersucht. In beiden Projekten forscht sie kooperativ im Austausch mit sozialen Bewegungen. Gisela Mackenroth hat Soziologie und Humangeographie an der Universität Jena studiert.

Mazukatow, Alik

Vortrag: Urbane Mobilitätswende: Verkehrsinfrastrukturen gerechter machen

Soziale Bewegungen im Verkehrswende-Aktivismus stellen zunehmend Forderungen an urbane Verkehrsinfrastrukturen: Sie sollen zugänglicher und gerechter werden, ein gutes Leben in der Stadt ermöglichen und den Bedürfnissen heterogener Nutzer*innengruppen entsprechen. Aktivist*innen haben längst erkannt, dass Infrastrukturen intersektionale Ungleichheiten erzeugen, sie fordern daher bspw. mehr Flächengerechtigkeit, mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Umweltgerechtigkeit als Antwort auf eine multiple Krisenlage. Recht spielt dabei eine zentrale Rolle, es stellt einen Rahmen aktivistischer Mobilisierung zur Verfügung, wird aber auch zum Zielpunkt von zivilgesellschaftlichen Forderungen („Berliner Mobilitätsgesetz endlich umsetzen!“). Der Beitrag wird im Spannungsfeld von Gerechtigkeit als politischer Forderung und als analytischer Folie danach fragen, wie verrechtlichte und vergeschlechtlichte Vorstellungen einer gerechten Stadt den Kampf um die Mobilitätswende in Berlin prägen.

Als Teil des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Kurzbiografie

Alik Mazukatow ist wissenschaftlicher Mitarbeiter (PostDoc) am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Im interdisziplinären DFG-Forschungsprojekt „Recht – Geschlecht – Kollektivität. Das umkämpfte Allgemeine und das neue Gemeinsame” forscht er zu Fragen von Recht als Interventionsmittel und über Rechtsmobilisierungen sozialer Bewegungen.

Mehra, Ananya

Moderation des Roundtable: Different – Together: Antiracist Feminisms in Conversation

Kurzbiografie

Ananya Mehra (sie/ihr) ist studentische Mitarbeiterin am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie hat bereits 2021 an der LMU ihr Masterstudium der Politikwissenschaft abgeschlossen und beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit „Identitätsnarrative im deutschen Diskurs – Die Reproduktion zeitgenössischer Rassismusstrukturen durch Inkorporierung, Aneignung und Neutralisierung antirassistischer Diskurse“ mit der wechselseitigen Anpassung rassistischer und antirassistischer Diskurse.
Aktuell befindet sie sich im dritten Semester des Masterstudiengangs der Empirischen Kulturwissenschaft und Europäischen Ethnologie an der LMU.
Neben dem Studium ist sie ehrenamtlich bei den Pastinaken – einem Kollektiv für politische Bildungsarbeit in München – tätig.

Melo, Teresa

Workshop: Self, Bodies and Decisions: A Circle on Abortion Stigma 
(Teresa Melo und Zofia Reznik)

In verschiedenen europäischen Ländern wird der Zugang zur Abtreibung eingeschränkt und sehr oft wird erwartet, dass sie eine private Angelegenheit bleibt. Ein Kreis, eine aus der schamanischen Tradition stammende Transformationspraxis, ist ein Gesprächsformat, bei dem alle Stimmen gleichberechtigt sind und gehört werden. Wir möchten einen Abtreibungskreis mit persönlichen Erzählungen vorschlagen, der von einer Veranstaltung inspiriert ist, bei der Künstler*innen, die sich mit dem Thema Abtreibung beschäftigen, ihre Geschichten zusammentragen, begleitend zur Ausstellung „Yesterday’s Dreams Weave the Ruins of Tomorrow’s Temples“ von Beata Rojek und Sonia Sobiech (66P Gallery, Wrocław, Polen, 2022).

Wir möchten dazu ermutigen, dass verschiedene persönliche Erzählungen zum Thema Abtreibung – als persönliche, relationale oder soziale Erfahrung – in einem sicheren Raum von Zuhörer*innen zur Sprache kommen. Wir möchten nicht nur einen Kreis veranstalten, in dem eine Vielzahl von Stimmen ohne Wertung gehört werden kann, sondern auch uns als akademische Gemeinschaft dazu ermutigen, einen kollektiven Einblick in unsere Positionen und das Verhältnis von Recht und kultureller Praxis zu gewinnen.

Das Thema dieses Kreises wäre daher die Stigmatisierung der Abtreibung und die Verkörperung transnationaler feministischer künstlerischer Praktiken, deren Stärke sich überraschend von dem unterscheidet, was man aufgrund der Rechtssysteme der einzelnen Länder erwarten könnte. Wir glauben, dass ein solcher Austausch von gelebten Erfahrungen eine Gelegenheit ist, einen Raum für einen transkulturellen Austausch von Geschichten von sehr bewussten Individuen zu schaffen. Wir möchten auch, dass dieser Kreis eine Gelegenheit bietet, sich gemeinsam im geschlechtsspezifischen Feld der Abtreibungserfahrungen zu bewegen, ihn so inklusiv wie möglich zu gestalten und ihn gleichzeitig zu einem sicheren Raum für diejenigen zu machen, die ihre Abtreibung als gelebte Erfahrung haben/hatten.

Wir möchten auch unsere Erfahrungen und Fähigkeiten mit den Teilnehmer*innen der Veranstaltung teilen und sie ermutigen, dieses Format wiederzuverwenden: zu replizieren, anzupassen und in ihren verschiedenen Communities erneut anzuwenden.

Kurzbiografie

Teresa Melo ist Autorin, Wissenschaftlerin und Yogalehrerin. Die Verteidigung sozialer Gerechtigkeit ist untrennbar mit ihrer ethischen Position und Vision von der Welt verbunden. Ihr Hauptinteresse gilt visueller Ästhetik sowie kreativen und disruptiven Strategien feministischen Widerstands. Sie hat einen Abschluss in Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen von der Neuen Universität Lissabon (FCSH-UNL) und einen Master in Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Kommunikation und Kunst (FCSH-UNL). Derzeit absolviert sie einen Masterstudiengang Women Studies. Women in Society and Culture (FCSH-UN), mit einem Forschungsprojekt mit dem Titel „Imagining a free body: notes on abortion stigma, contemporary feminist artistic practices and subversion“, das sich mit der Ästhetik feministischen Widerstands befasst und sich für Ethik der Fürsorge und reproduktive Rechte einsetzt, mit Schwerpunkt auf Abtreibungsstigmatisierung in Portugal und Polen seit 2004. Sie ist Autorin von „Bees Don’t Dance Bachatas“ (Cas’a Edições, 2021).

Nagel, Klara

Vortrag: Das Gefängnis geschlechtergerecht machen: Die Transformation des Frauenstrafvollzugs in den 1980/90er Jahren
(Friederike Faust und Klara Nagel)

Als Antwort auf feministisch motivierte Kritik wurde der Strafvollzug einiger Bundesländer in den 1980/90er Jahren ‘frauenspezifisch’ umgestaltet. Ermöglicht wurde diese umfassende Umgestaltung einiger Gefängnisse auch durch die große Strafrechtsreform der 1970er Jahre, die mit dem neuen Strafzwecke der Resozialisierung und einer rechtlichen Verankerung von Gefangenenrechten argumentative Ressourcen bereit stellte, um den bestehenden Vollzug als (geschlechter)ungerecht zu problematisieren. Im Zuge dieser Reformbewegungen entstand ein neues Wissen über Frauenkriminalität bzw. straffällige Frauen. Hieran anschließend fragen wir erstens, wie dieses Wissen spezifische Vorstellungen von Geschlecht und Gerechtigkeit – genauer von einem geschlechtergerechten Strafvollzug – ermöglichte, und zweitens, wie der neue ‘frauenspezifische’ Vollzug Geschlecht bzw. Weiblichkeit konstituierte. Dabei leuchten wir das Spannungsverhältnis von Recht, Geschlecht und Gerechtigkeit dahingehend aus, wie Recht bestimmte Forderungen nach Geschlechtergerechtigkeit ermöglicht und wie Geschlecht in Kämpfen für Gerechtigkeit hervorgebracht wird.

Als Teil des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Moderation des Panels: Geschlecht als Konfliktfeld in LSBTIQ*- Bewegungen seit den 1970ern

Kurzbiografie

Klara Nagel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin und assoziiert mit dem Forschungsprojekt „CrimScapes: Navigating Citizenship through European Landscapes of Criminalisation”. In ihrer Promotion forscht sie aus politikanthropologischer Perspektive zu Reformen in der Polizei Berlin im Spannungsverhältnis zwischen Versicherheitlichung und Antidiskriminierung.

Nann, Leah

Vortrag: Online-Frauenfeindlichkeit gegenüber politisch aktiven Frauen: Eine Untersuchung bestehender Unterstützungsmöglichkeiten und aktueller Praktiken der Selbst-Zensur 

Online-Frauenfeindlichkeit, die gezielte Belästigung von Frauen auf Social-Media-Plattformen durch beleidigende Sprache, Bilder und Gewaltandrohungen, ist eine zentrale Form der Online-Radikalisierung (Ching & Siapera, 2019; Massanari, 2017). Während es für hauptamtliche Politikerinnen, die häufig mit Online-Frauenfeindlichkeit konfrontiert werden, Unterstützungssysteme gibt, erleben größtenteils ehrenamtlich tätige, lokal politisch aktive Frauen ebenfalls schwerwiegende Folgen frauenfeindlicher Angriffe. Ihnen fehlt es allerdings häufig an Schutz- oder Unterstützungsmechanismen sowie an Bewältigungsstrategien. Dies führt dazu, dass Politikerinnen sich entscheiden, kritische Themen online nicht anzusprechen, entweder als Folge von Online-Belästigung und der Erkenntnis, dass sie weder die fachlichen noch die psychologischen Kapazitäten für die eigenständige Bewältigung dieser Inhalte haben, oder als aktive Vorsichtsmaßnahme, um sich und ihre Familien vor möglichen Angriffen zu schützen (z. B. Blätte et al., 2022).

Meine Forschung untersucht die Faktoren, die dazu beitragen, dass diese Frauen Opfer von Online-Frauenfeindlichkeit werden. Ich frage, ob Äußerungen zu polarisierenden Themen wie Migration oder Klimakrise die Erfahrung mit Online-Frauenfeindlichkeit beeinflussen und untersuche die Auswirkungen dieser auf das (Online-)Verhalten. Außerdem analysiere ich den Umfang von Unterstützungsmöglichkeiten für lokalpolitisch aktive Frauen durch berufliche Netzwerke und untersuche die Zugänglichkeit und Nutzung vorhandener Unterstützungsangebote sowie die Rolle der Regierung bei der Bekämpfung von Online- Frauenfeindlichkeit. Dies beinhaltet unter anderem auch die Untersuchung der Kluft zwischen bestehenden Unterstützungssystemen und dem Wissen über sowie dem Zugang zu diesen Netzwerken.

Um diese Fragen umfassend zu analysieren, verwende ich einen Mixed-Methods-Ansatz. Die qualitative Content-Analyse deckt zentrale Erzählungen und Dynamiken auf, während Methoden aus der Medienanthropologie, einschließlich Online-Ethnografie und offline durchgeführter semi-strukturierter Interviews, eine tiefgehende Untersuchung des Social Media Ökosystems ermöglichen. Durch eine intersektionale Perspektive untersuche ich den Einfluss historischer Strukturen, lokaler politischer Kämpfe und sozialer Hierarchien auf die Gestaltung des Online-Diskurses über Misogynie. Diese Forschung zielt darauf ab, Aufschluss über die Komplexität von Online-Frauenfeindlichkeit zu geben und Strategien zu entwickeln, um ihr im Zusammenhang mit lokal politisch engagierten Frauen entgegenzuwirken.

Quellenverzeichnis:

Blätte, A., L. Dinnebier, M. Schmitz-Vardar (2022). Vielfältige Repräsentationen unter Druck: Anfeindungen und Aggressionen in der Kommunalpolitik. Band 64 der Schriftenreihe zur Demokratie. Berlin: Heinrich-Böll-Stiftung.

Ging, D., & Siapera, E. (Eds.). (2019). Gender Hate Online: Understanding the New Anti- Feminism. Palgrave Macmillan.

Massanari, A. (2017). #Gamergate and The Fappening: How Reddit’s algorithm, governance, and culture support toxic technocultures. New Media & Society, 19(3), 329–346.

Als Teil des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Kurzbiografie

Leah Nann ist Doktorandin der Medienanthropologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte sind KI und extreme Sprache im Internet, geschlechtsspezifische Belästigung Online und Big-Data-Ethik. Sie ist Teammitglied des ERC-finanzierten Proof-of-Concept-Projekts ‘AI4Dignity’ und des BIDT-Projekts ‚Understanding, detecting, and mitigating online misogyny against politically active women’. Sie war unter anderem Co-Autorin des Policy Briefs „Artificial Intelligence, Extreme Speech, and the Challenges of Online Content Moderation“ und forschte mit einer qualitativen Content Analyse zum einwanderungsfeindlichen Online-Diskurs in Deutschland.

Derzeit arbeitet sie zu Online-Frauenfeindlichkeit gegen Politikerinnen mit Migrationshintergrund sowie zu den spezifischen Folgen von Online-Frauenfeindlichkeit für sozial engagierte, oft ehrenamtlich tätige, lokal aktive Politikerinnen.

Niendorf, Johanna

Vortrag: Konfliktdynamiken um Geschlecht und Antifeminismus im ländlichen Raum: Am Beispiel des Landkreises Erzgebirge in Sachsen [ABGESAGT]
(Henriette Rodemerk und Johanna Niendorf)

Im sozialraumnahen Projekt „Geschlechterdemokratie am Beispiel des Erzgebirgskreis“ haben wir gesellschaftliche Konfliktlinien untersucht, die sich aus Interviews und Gruppendiskussionen mit der lokalen Zivilgesellschaft um die Themen Gewaltschutz, reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung, die Pluralität von Lebensentwürfen und politischer Teilhabe rekonstruieren lassen. Als sozialpsychologisches Forschungsprojekt mit psychoanalytischer Methodik suchen wir insbesondere nach grundlegenden Motiven und Dynamiken, wie auch tabuisierten Themen, die sich in der Latenz der Gruppendiskussionen entfalten. Unter geschlechtsreflektierter Perspektive fragen wir danach, wie rechte und fundamentalistisch-religiöse Strukturen die Bedingungen für Demokratisierung und emanzipatorische Handlungsräume beeinflussen. Deutlich wird, dass Fragmente antifeministischer Ideologie und Ressentiments ihren Niederschlag in den Erfahrungen und Berufs- und Alltagspraxis der Menschen vor Ort finden. In der Abwesenheit von starken feministischen Bewegungen stoßen wir im Erzgebirge auf eine in vielen Teilen ungebrochen machtvolle Kategorisierung durch Geschlecht, in welcher im Sinne einer „repressiven Harmonie“ (Mense, 2022) geschlechtsspezifische Rollenerwartungen wirkmächtig sind. Insbesondere homogenisierende Konzeptionen von Zusammenhalt und starre Identitätskonstruktionen begünstigen Exklusionsdynamiken und externalisierende Projektionen gesellschaftlicher Probleme und bieten somit einen Nährboden für antidemokratische Mobilisierungen. Gleichzeitig verhindern sie die Aushandlung feministischer Anliegen und pluralistischer Entfaltungsmöglichkeiten.

Im Rahmen unseres Vortrags auf der Konferenz möchten wir die Ergebnisse aus dem Sozialraum in Bezug auf Geschlechterdemokratie und Antifeminismus vorstellen und in den erweiterten Kontext autoritärer Dynamiken in der Gesellschaft einordnen und diskutieren.

Als Teil des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Kurzbiografie

Johanna Niendorf, Soziologin (M.A.), ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Else Frenkel-Brunswik Institut und arbeitet in dem qualitativen Forschungsprojekt „Geschlechterdemokratie im Erzgebirge“, sowie zu Autoritarismus, Antifeminismus und zum Zusammenhang von Geschlecht und Feindbildungsprozessen.

Obiakor, Virginia Olivia

Roundtable: Different – Together: Antiracist Feminisms in Conversation

Kurzbiografie

Virginia Olivia Obiakor ist Studentin der Sozialen Arbeit, zudem ist sie als Schauspielerin im Film und Fernsehen tätig wie beispielsweise beim Tatort Mainz, WAPO oder in Commercials.
Hinzu kommt ihr großes Engagement für politisch aktivistische und intersektionelle Arbeit für die queer BIPoC Community. So gründete sie eine Schwarze Studierenden Gruppe an der Hochschule München und organisierte im Stadtmuseum „Black Performance Nights“. Hierbei kreierte sie speziell für die Schwarze Community einen Safer Space, in dem unterschiedliche Künstliche Performances zu genießen waren.
Neben der Organisation dieser Events ist Virginia auch als Moderatorin tätig und begleitet Lesungen mit Autor*innen wie beispielsweise in der Stadtbibliothek mit Chantal-Fleur Sandjon und Modupe Laja. Zudem ist sie Teil des Kunst Kollektivs Queer:raum mit dem sie regelmäßig als Spoken Word Artist ihre Texte und Gedichte auf Events wie in den Kammerspielen oder im Feierwerk München performt. Hauptsächlich basieren diese auf ihren Erfahrungen als eine junge Queer Schwarze Frau innerhalb einer weißen Gesellschaft und was es für sie bedeutet „Biracial“ zu sein.

O’David, Sophia

Künstlerische Dokumentation

Kurzbiografie

Sophia O’David, geboren 1996 in München, ist eine vielseitige Kommunikationsdesignerin und Illustratorin. Ihre kreative Leidenschaft begann in München und London, wo sie aufwuchs. Sie absolvierte erfolgreich ihre Ausbildung zur „staatlich geprüften Kommunikationsdesignerin“ an der Deutschen Meisterschule für Mode und erweiterte ihr Wissen an der „Fachhochschule für Schnitt und Entwurf“. Sophia setzte ein starkes Statement mit ihrer Abschlusskollektion „Indigo“, die ausschließlich BIPoC Models präsentierte.

Nach ihrer Schullaufbahn begann sie als Trainee Grafikdesignerin bei Feinkost Käfer GmbH, dann bei der adabay GmbH und zuletzt bei einem Streetwear-Unternehmen. Parallel zu ihrem Vollzeitjob arbeitete sie an Non-Profit-Projekten wie der grafischen Gestaltung für die „Black Lives Matter“ Demonstration, die „N-Wort Stoppen“-Kampagne und einige mehr. Ihre vielseitige und sozial engagierte Arbeit inspirierte Sophia dazu, sich Ende 2022 selbstständig zu machen und eigene Projekte zu verwirklichen.

Ihre Arbeiten sind auf ihrer Website zu finden.

Pfau, Sara

Moderation des Panels: A Bleak Reality: Twenty-First Century and Afghan Women

Kurzbiografie

coming soon

Plakhotnik, Olga

Roundtable: Different – Together: Antiracist Feminisms in Conversation

Kurzbiografie

Olga Plakhotnik (keine Pronomen) hält den Lehrstuhl für Ukrainische Kulturwissenschaft an der Universität Greifswald. Als Wissenschaftler*in, Aktivist*in und Pädagog*in arbeitet Olga im Bereich feministischer/queerer Epistemologien, kritischer Citizenship Studies und feministischer/queerer Pädagogik. Olga begründete und gibt die Fachzeitschrift Feminist Critique: East European Journal of Feminist and Queer Studies zusammen mit Maria Mayerchyk heraus.

Ramme, Jennifer

Vortrag: Feminist, LGBTQ* and Right-Wing Disputes on the Sovereignty of Bodies and Nations.

Die zeitgenössische Politik in Polen wird von rechtspopulistischem Gedankengut und sozialer Gegnerschaft vorangetrieben. Um soziale Inklusion und Exklusion erfolgreich zu bewältigen, spielen neben anderen Dynamiken der Zugehörigkeitsabgrenzung eine Rolle. Ein Grund für den Erfolg von Women Strike in den Jahren 2016 und 2020 lag in ihren Behauptungen, die souveräne Stimme des Volkes zu repräsentieren, während sie gleichzeitig auf vielfache polnische und europäische Zugehörigkeiten bestanden. Ansprüche auf Souveränität wurden zu zentralen Elementen politischer Auseinandersetzungen und sind nicht nur auf der Ebene der Diskurse, sondern auch in der sinnlichen, körperlichen und räumlichen Manifestation von Protesten in verschiedenen politischen Umgebungen zu beobachten. Die politischen Umgebungen der extremen Rechten sowie feministische/LGBTQ*Bewegungen sind Beispiele für politische Strömungen, die in aktuellen politischen Auseinandersetzungen gegensätzliche Positionen vertreten. Wie am Beispiel der Auseinandersetzungen über Geschlecht, Abtreibung und LGBTQ*-Themen und den damit verbundenen Interventionen sowie kollektiven Aufführungen im Kontext von Protestveranstaltungen gezeigt wird, werden auch hier widersprüchliche Ansprüche auf Souveränität geltend gemacht, die mit gegenläufigen sozialpolitischen Vorstellungen und sinnlichen Ordnungen verbunden sind.

Als Teil des Panels: Struggles Between Feminist Movements and Anti-Democratic Forces

Kurzbiografie

Jennifer Ramme forscht zu feministischen, LGBTQ*- und rechtspopulistischen Politiken, sozialen Bewegungen und Dissens. Sie hat einen Masterabschluss von der Akademie der Bildenden Künste, Poznań. Ihre Dissertation mit dem Titel „Contested Polish and European Gender Regimes. Feminist and LGBTQ* Movements‘ Struggling Over Belonging, Space, and Representation“ wurde an der European University Viadrina in Frankfurt (Oder), Deutschland, verteidigt. Sie ist Teil des Viadrina Institute for European Studies (IFES) und dokumentiert sozialen Dissens im Social Unrest Archive und Bunt Kobiet Archive. Zu ihren Veröffentlichungen gehören Untersuchungen zur Beziehung zwischen Geschlecht, Sexualität, Nationalismus und Konstruktionen Europas (z.B. „De/Constructing a Polish Nation,“ Journal AG 2022; „Women’s Uprising in Poland“ AJEC 2019; „Framing Solidarities“ OCS 2019). Sie erforscht auch Erinnerungspolitik, Zentrum-Peripherie-Beziehungen und die Frage der Intersektionalität in feministischen und LGBTQ*-Bewegungen. Sie ist Co-Autorin einer landesweiten Studie über die Koordinatoren des Polish Women’s Strike und die Organisatoren der Demonstrationen am 8. März und hat über populären Feminismus, konkurrierende Ansprüche zur Vertretung des Volkes und Alltäglichkeit in populistischen politischen Kontexten publiziert („The Ambivalence of the Ordinary“ 2020 und „Un/Ordinary Women“ 2019 mit Claudia Snochowska-Gonzalez). Außerdem ist sie Herausgeberin eines Sammelbandes über den Frauenstreik und die Schwarzen Proteste in Polen (ECS 2019) und eines weiteren über Paradoxien rechtspopulistischer Sexualpolitik in Europa (Palgrave/Springer 2021/2022). Derzeit arbeitet sie mit Magdalena Muszel, Grzegorz Piotrowski, Piotr Kocyba und Corinna Trogisch an einer kollektiven Monografie, in der feministische Bewegungen in kleinen Städten in Polen und der ehemaligen DDR verglichen werden.

Rau, Alexandra

Lecture-Performance: Selbst-Schuld-Katapult: Eine künstlerische Auseinandersetzung mit weiblicher Altersarmut und Formen alltäglichen Widerstandes

Altersarmut ist weiblich. 2021 lagen die durchschnittlichen bundesdeutschen Altersrentenzahlungen der Frauen (832 Euro 809 € West/ 1072 Ost) deutlich unter denen der Männern (1.218 € West/ 1.143 € Ost). Gründe für diese Ungleichheit sind u.a. ein geschlechtsspezifischer Arbeitsmarkt, das nach wie vor vorherrschende Male Breadwinner Model sowie der zunehmende Abbau des Sozialstaats. In Altersarmut zu leben bedeutet einerseits das Haushalten mit knappen Mittel. Altersarmut wirkt sich andererseits auch emotional auf die Betroffenen aus. Gefühle des Scheiterns, der Scham und Schuld, Zukunftsängste und Sorgen, Minderwertigkeitsgefühle, Einsamkeit oder auch Melancholie bezüglich verwehrter Zukunftsvorstellungen sind ebenso Folgeerscheinungen genannter struktureller Problemlagen, die sich den Individuen unter die Haut schreiben. Diese affektive Dimension von Altersarmutserfahrungen nimmt die Kulturwissenschaftlerin Dr. des. Alexandra Rau gemeinsam mit der Künstlerin Maria Berauer in Form einer Lecture Performance in den Blick. Ausgehend von Interviewmaterial das im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Prekärer Ruhestand“ (Leitung: Prof. Dr. Irene Götz) an der LMU erhoben wurde, erhalten Frauen aus unterschiedlichen Milieus eine Stimme. Wie fühlt sich Altersarmut für Betroffene an und welche Effekte haben diese Gefühle auf ihre alltäglichen Handlungsspielräume?

Anhand eines Zusammenspiels von ethnographischen Portraits, theoretischen Textfragmenten und künstlerischen Interventionen verdeutlicht die Lecture Performance nicht nur die strukturelle Seite weiblicher Altersarmut, sondern will diese auch körperlich erfahrbar machen. Darüber hinaus setzt sie sich auch mit kollektiven Handlungsperspektiven auseinander. Die Performance will damit nicht zuletzt auf mögliche Leerstellen sozialer Bewegungen verweisen, die sich entlang der Geschlechtskategorie aufspannen. So wird Weibliche Altersarmut im Kontext feministischer Bewegungen zwar durchaus als Querschnittsthema behandelt, doch dort sprechen vor allem Frauen, die Altersarmut als potentielles Zukunftsszenario anprangern. Das gegenwärtige altersarme Subjekt scheint in den öffentlichen Debatten relativ unsichtbar zu sein. Die Auseinandersetzung mit der affektiven Dimension weiblicher Altersarmut zeigt schließlich, dass eine Solidarisierung und politische Mobilisierung betroffener Frauen durch feldspezifische Gefühlslagen erschwert werden.

Die Portraits und Textfragmente werden dialogisch von der Autorin Alexandra Rau, der Schauspielerin Shirli Volk und der Performerin Sara van der Weck gelesen sowie von der Künstlerin Maria Berauer körperlich-performativ inszeniert.

Workshop: Denkwerkstatt: Zum verändernden Potential feministischer Arbeitspraxen in Beratungs-, Therapie- und Bildungskontexten
(Sandra Eck, Alexandra Rau, Nina Reggi-GraßlMarlene Roiser [abgesagt] und Maria Schmitter)

Was eint feministische Berater*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Dozent*innen/Lehrende? Sie alle berücksichtigen Geschlecht als konfliktbehaftete Strukturkategorie in ihren Arbeitskontexten, sie operieren innerhalb zwischenmenschlicher Interaktion und verfolgen den Anspruch mittels Wissenstransfer Machtverhältnisse zu bewegen. Beratend, lehrend, unterstützend, eingreifend oder richtungsweisend versuchen sie in ihrer täglichen Arbeitspraxis Widerstand gegen patriarchale Logiken zu leisten. Fasst man den Bewegungsbegriff weit und bezieht auch Widerstandsformen mit ein, die zwar nicht auf der Straße zum Ausdruck gebracht werden, aber das politische Anliegen verfolgen, sozialen Wandel zu erwirken, lassen sich auch all jene Akteur*innen als Teil einer feministischen Bewegung begreifen, die in genannten Tätigkeitsfeldern auf Veränderung abzielen.

Feministische Beratungs- und Therapieansätze sind dabei nicht neu. Bereits seit den 1970er Jahren, entstanden während der zweiten Frauenbewegung und den sogenannten Consciousness-Raising-Gruppen, gehören sie heute zum festen Repertoire therapeutischer Maßnahmen, wenn sie auch immer noch unterrepräsentiert sind. Auch die Soziale Arbeit blickt auf ein differenziertes Feld geschlechtertheoretischer Perspektiven zurück und nicht zuletzt im Hochschulkontext haben antidiskriminierende Lehr-Lern-Konzepte Einzug in Weiterbildungsprogramme erhalten. Nichtsdestotrotz gehört das Miteinbeziehen und Hinterfragen von Subjekt-Struktur-Zusammenhängen nach wie vor nicht zum Mainstream innerhalb der hier aufgeführten Arbeitskontexte, sondern wird dort nur von einigen wenigen – meist explizit als feministisch gelabelt – praktiziert.

Die offene Werkstatt soll dieser Nischenperspektive Raum geben. Wir wollen mit diesem Format einen gemeinsamen Ort des Austauschens, der Bestandsaufnahme und Vernetzung schaffen. Ausgehend von den jeweiligen alltäglichen Berufserfahrungen und Praxen wollen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, Synergieeffekte sowie gängige Fallstricke der einzelnen Arbeitsbereiche debattieren und schließlich konstruktiv in die Zukunft denken: Wie können feministische Ansätze in Beratungs-, Therapie- und Bildungssettings anhand welcher konkreter Methoden möglicherweise kollektiv weitergeführt werden, um sowohl individuelle Lebenssituationen zu verbessern als auch soziale Ungleichheitsverhältnisse zu verändern. Das Format folgt dabei dem Prinzip der Un-konferenz, und lädt alle ein, die interessiert sind oder selbst etwas beitragen möchten.

Kurzbiografie

Dr. des. Alexandra Rau ist Kulturwissenschaftlerin sowie Gründerin und Mitglied des F*AMLabs. Sie lehrt und forscht am Institut für Empirische Kulturwissenschaft der LMU München zu den Themenfeldern Arbeit und Prekarität, Soziale Ungleichheit, Geschlechterforschung und ethnographischen Forschungsmethoden. Ihre Doktorarbeit „Das Affektregime weiblicher Altersarmut – Zur subjektiven Verarbeitung von Prekarität“ erscheint demnächst im Campus-Verlag. Sie interessiert sich seit vielen Jahren für kreative und kritische Formen der Wissensvermittlung. Anhand des Formats der Lecture Performance will sie ihre Forschungsergebnisse über einen Wissenschaftskontext hinausgehend zugänglich machen. Für die universitäre Hochschullehre entwickelte sie unter anderem einen Workshop zur Konstruktion antidiskriminierender und feministischer Wissensräume. Momentan beschäftigt sie sich mit der Frage, wie Betroffenheitsperspektiven konstruktiv zur Wissensgenerierung eingesetzt werden können. Hierbei greift sie nicht nur auf das Lesen autoethnographischer Texte zurück sondern nutzt auch die Methode autoethnographischen Schreibens, um subjektive Erkenntnisprozesse zu begleiten.

Reggi-Graßl, Nina

Moderation des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Workshop: Denkwerkstatt: Zum verändernden Potential feministischer Arbeitspraxen in Beratungs-, Therapie- und Bildungskontexten
(Sandra EckAlexandra Rau, Nina Reggi-Graßl, Marlene Roiser [abgesagt] und Maria Schmitter)

Was eint feministische Berater*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Dozent*innen/Lehrende? Sie alle berücksichtigen Geschlecht als konfliktbehaftete Strukturkategorie in ihren Arbeitskontexten, sie operieren innerhalb zwischenmenschlicher Interaktion und verfolgen den Anspruch mittels Wissenstransfer Machtverhältnisse zu bewegen. Beratend, lehrend, unterstützend, eingreifend oder richtungsweisend versuchen sie in ihrer täglichen Arbeitspraxis Widerstand gegen patriarchale Logiken zu leisten. Fasst man den Bewegungsbegriff weit und bezieht auch Widerstandsformen mit ein, die zwar nicht auf der Straße zum Ausdruck gebracht werden, aber das politische Anliegen verfolgen, sozialen Wandel zu erwirken, lassen sich auch all jene Akteur*innen als Teil einer feministischen Bewegung begreifen, die in genannten Tätigkeitsfeldern auf Veränderung abzielen.

Feministische Beratungs- und Therapieansätze sind dabei nicht neu. Bereits seit den 1970er Jahren, entstanden während der zweiten Frauenbewegung und den sogenannten Consciousness-Raising-Gruppen, gehören sie heute zum festen Repertoire therapeutischer Maßnahmen, wenn sie auch immer noch unterrepräsentiert sind. Auch die Soziale Arbeit blickt auf ein differenziertes Feld geschlechtertheoretischer Perspektiven zurück und nicht zuletzt im Hochschulkontext haben antidiskriminierende Lehr-Lern-Konzepte Einzug in Weiterbildungsprogramme erhalten. Nichtsdestotrotz gehört das Miteinbeziehen und Hinterfragen von Subjekt-Struktur-Zusammenhängen nach wie vor nicht zum Mainstream innerhalb der hier aufgeführten Arbeitskontexte, sondern wird dort nur von einigen wenigen – meist explizit als feministisch gelabelt – praktiziert.

Die offene Werkstatt soll dieser Nischenperspektive Raum geben. Wir wollen mit diesem Format einen gemeinsamen Ort des Austauschens, der Bestandsaufnahme und Vernetzung schaffen. Ausgehend von den jeweiligen alltäglichen Berufserfahrungen und Praxen wollen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, Synergieeffekte sowie gängige Fallstricke der einzelnen Arbeitsbereiche debattieren und schließlich konstruktiv in die Zukunft denken: Wie können feministische Ansätze in Beratungs-, Therapie- und Bildungssettings anhand welcher konkreter Methoden möglicherweise kollektiv weitergeführt werden, um sowohl individuelle Lebenssituationen zu verbessern als auch soziale Ungleichheitsverhältnisse zu verändern. Das Format folgt dabei dem Prinzip der Un-konferenz, und lädt alle ein, die interessiert sind oder selbst etwas beitragen möchten.

Kurzbiografie

Dr. Nina Reggi-Graßl, Geschlechterforscherin und Leiterin der Beruflichen Beratung für Frauen* an der Frauenakademie München, Neurowissenschaftlich-systemische Coach, Gründerin und Mitglied des F*AMLabs. Sie interessiert sich dafür, wie eine feministische Haltung in Beratungssettings einen Platz finden kann und wie sich dadurch gängige Beratungslogiken- und Narrative ändern würden. Darüber hinaus ist es ihr wichtig, diese Erkenntnisse und Gedanken zu politisieren um Einfluss auf Strukturen nehmen zu können, die Menschen ihre Agency nehmen. Zentral sind für sie Debatten um die Gradwanderung von wirklicher Selbstermächtigung und Resilienz vs. Neoliberalisierung und Anpassungsfähigkeit des Subjekts.

Regiert, Alexandra

Vortrag: Im Schatten der Revolte: Nichtakademikerinnen der 1968er-Generation zwischen Ausbruch und Verharren

„1968“ gilt als revolutionärer Wendepunkt der bundesdeutschen Geschichte: Die Chiffre steht für den studentischen Aufstand gegen hierarchische Strukturen an den Universitäten, den Kampf gegen Kapitalismus und Faschismus, eine liberalere Sexualmoral sowie einen Umbruch in den Geschlechterverhältnissen. Doch während im allgemeinen Geschichtsbewusstsein primär männliche Wortführer der „intellektuellen, großstädtischen Elite“ (Hodenberg) dominieren, drohen Akteurinnen der Frauenbewegung, die sich ebenfalls im Zuge der Proteste formierte, beinahe ins Abseits zu rücken. Ihr Einsatz für die „Politisierung des Privaten“ prägte weite Teile der Bevölkerung jedoch nachhaltig und trieb den Wandel weiblicher Lebensentwürfe, Paarbeziehungen und Familien signifikant voran.

Gleichwohl handelt es sich bei jenen Personen, die in feministischen Gruppen engagiert waren, lediglich um einen geringen Anteil der weiblichen Gesamtbevölkerung. Subjektive Perspektiven von Frauen der 1968er-Generation, die aufgrund ihres biografischen Hintergrundes und niedrigeren Bildungsgrades gewissermaßen „im Schatten der Revolte“ standen, blieben in der Forschung bisher weitgehend unbeachtet. Dabei scheint die Beleuchtung dieser unauffälligeren und dennoch für eine Mehrheit ihrer Generation stehenden Personengruppe insbesondere aus kulturwissenschaftlicher Perspektive desiderabel, zumal die Erkenntnisinteressen der Disziplin zuvorderst dem alltäglichen Leben der breiten Bevölkerung sowie den Biografien von Menschen gelten, die nicht zu den herausragenden oder historisch bedeutenden Persönlichkeiten ihrer Zeit zählen (Lehmann).

Der Vortrag zeigt am Beispiel zweier um 1950 geborener Interviewpartnerinnen auf, dass das „Protestklima“ (Hodenberg) ausgehend von den Universitäten auch in rurale Räume, Familien und Paarbeziehungen drang und inwiefern aus den Narrationen über genderspezifische Beziehungsdynamiken sowohl ein Verharren als auch ein Herausschälen aus tradierten Werten und Normen hervorgeht. Mit der zugrunde liegenden Intention, den kulturwissenschaftlich-subjektzentrierten Blick im Sinne eines „Mapping“ dezidiert ins Private, abseits von Hauptschauplätzen sozialer Bewegungen und öffentlich ausgetragener Proteste zu werfen, möchte der Beitrag überdies Brücken zu gegenwartsorientierten Forschungen bauen.

Als Teil des Panels: Widersprüche und Konflikte in feministischen Bewegungen

Kurzbiografie

Alexandra Regiert M.A. studierte Vergleichende Kulturwissenschaft, Deutsche Philologie und Kunstgeschichte an der Universität Regensburg und ist Promotionsstipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in Bereichen der Sexual-, Körper- und Badekultur sowie in der zeitgeschichtlichen Frauen- und Geschlechterforschung, wo auch ihr Dissertationsprojekt, eine kulturwissenschaftliche Oral-History-Studie zum Wandel von Ehen und Paarbeziehungen in der BRD (1945–1999), verortet ist.

Remter, Miriam

Filmische Dokumentation

Kurzbiografie

Miriam Remter ist Filmemacherin und Wissenschaftliche Postdoc-Mitarbeiterin (LMU München). Sie unterrichtet an den Instituten der Ethnologie und EKWEE den M.A. Forschungsschwerpunkt Visuelle Ethnologie. Für die Videodokumentation der Tagung ist sie beratend tätig.

Reznik, Zofia

Workshop: Self, Bodies and Decisions: A Circle on Abortion Stigma 
(Teresa Melo und Zofia Reznik)

In verschiedenen europäischen Ländern wird der Zugang zur Abtreibung eingeschränkt und sehr oft wird erwartet, dass sie eine private Angelegenheit bleibt. Ein Kreis, eine aus der schamanischen Tradition stammende Transformationspraxis, ist ein Gesprächsformat, bei dem alle Stimmen gleichberechtigt sind und gehört werden. Wir möchten einen Abtreibungskreis mit persönlichen Erzählungen vorschlagen, der von einer Veranstaltung inspiriert ist, bei der Künstler*innen, die sich mit dem Thema Abtreibung beschäftigen, ihre Geschichten zusammentragen, begleitend zur Ausstellung „Yesterday’s Dreams Weave the Ruins of Tomorrow’s Temples“ von Beata Rojek und Sonia Sobiech (66P Gallery, Wrocław, Polen, 2022).

Wir möchten dazu ermutigen, dass verschiedene persönliche Erzählungen zum Thema Abtreibung – als persönliche, relationale oder soziale Erfahrung – in einem sicheren Raum von Zuhörer*innen zur Sprache kommen. Wir möchten nicht nur einen Kreis veranstalten, in dem eine Vielzahl von Stimmen ohne Wertung gehört werden kann, sondern auch uns als akademische Gemeinschaft dazu ermutigen, einen kollektiven Einblick in unsere Positionen und das Verhältnis von Recht und kultureller Praxis zu gewinnen.

Das Thema dieses Kreises wäre daher die Stigmatisierung der Abtreibung und die Verkörperung transnationaler feministischer künstlerischer Praktiken, deren Stärke sich überraschend von dem unterscheidet, was man aufgrund der Rechtssysteme der einzelnen Länder erwarten könnte. Wir glauben, dass ein solcher Austausch von gelebten Erfahrungen eine Gelegenheit ist, einen Raum für einen transkulturellen Austausch von Geschichten von sehr bewussten Individuen zu schaffen. Wir möchten auch, dass dieser Kreis eine Gelegenheit bietet, sich gemeinsam im geschlechtsspezifischen Feld der Abtreibungserfahrungen zu bewegen, ihn so inklusiv wie möglich zu gestalten und ihn gleichzeitig zu einem sicheren Raum für diejenigen zu machen, die ihre Abtreibung als gelebte Erfahrung haben/hatten.

Wir möchten auch unsere Erfahrungen und Fähigkeiten mit den Teilnehmer*innen der Veranstaltung teilen und sie ermutigen, dieses Format wiederzuverwenden: zu replizieren, anzupassen und in ihren verschiedenen Communities erneut anzuwenden.

Kurzbiografie

Zofia Reznik ist interdisziplinäre Kunsthistorikerin, Forscherin, Wissenschaftlerin, Kuratorin, Künstlerin und Aktivistin. Ihre Hauptinteressengebiete sind die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in Zentral- und Osteuropa, insbesondere ihre mündlichen Geschichten und Herstories, feministische und queere Theorie sowie künstlerische Forschung. Sie promoviert in Kunstgeschichte an der Universität Wrocław, wobei ihre Dissertation sich auf die Mikroerzählungen von Künstlerinnen konzentriert, die in den 1970er Jahren in Wrocław aktiv waren. Sie lehrt an der Eugeniusz-Geppert-Akademie für Kunst und Design in Wrocław und erforscht das kreative und verändernde Potenzial informeller kollektiver Praktiken. Dazu gehört unter anderem die Mitbegründung des Caryatid Collective – einer Gruppe von Informationsaktivist*innen, die die polnische Wikipedia mit Wissen über Frauen in der Kunst bereichern.

Reznikova, Olga

Kommentar im Rahmen der Abschlussdiskussion

Kurzbiografie

Olga Reznikova, Universität Innsbruck (Europäische Ethnologie), studierte am St. Petersburger Institut für Jüdische Studien (Geschichte des Judentums und der Kultur des Nahen Ostens) und an der LMU München, wo sie ihre Magisterarbeit über anti-tschetschenischen Rassismus schrieb. Nach ihrem MA-Abschluss in Europäischer Ethnologie arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU und der Georg-August-Universität Göttingen, unter anderem am DFG-Projekt „Urbane Ethiken“. Im Jahr 2021 promovierte sie in Göttingen zu Arbeiterprotesten in Russland, wofür sie Lkw-Fahrer in der Nähe von Moskau über mehrere Jahre bei ihren Streiks ethnographisch begleitete. Als Postdoc-Forscherin arbeitete sie an der Universität Zürich und am Max-Planck-Institut in Berlin. Seit 2023 ist sie als Postdoc-Assistentin an der Universität Innsbruck (Europäische Ethnologie) tätig. In New York City forscht sie derzeit über städtisches Zusammenleben und Populärkultur eines jüdischen Viertels in Brooklyn (Brighton Beach). Sie veröffentlicht journalistische und wissenschaftliche Artikel über Feminismus, Rassismus, Protestkultur und Antisemitismus auf Deutsch, Englisch und Russisch.

Riedner, Lisa

Moderation des Panels: Queer(ing) Claims Making

Kurzbiografie

Lisa Riedner leitet die Emmy Noether Nachwuchsforschungsgruppe Contestations of ‘the Social’ – Towards a Movement-based Ethnographic Social (State) Regime Analysis (DFG) am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der LMU München (2022-2028).

Roiser, Marlene

Workshop: Denkwerkstatt: Zum verändernden Potential feministischer Arbeitspraxen in Beratungs-, Therapie- und Bildungskontexten
(Sandra EckAlexandra RauNina Reggi-Graßl, Marlene Roiser [abgesagt] und Maria Schmitter)

Was eint feministische Berater*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Dozent*innen/Lehrende? Sie alle berücksichtigen Geschlecht als konfliktbehaftete Strukturkategorie in ihren Arbeitskontexten, sie operieren innerhalb zwischenmenschlicher Interaktion und verfolgen den Anspruch mittels Wissenstransfer Machtverhältnisse zu bewegen. Beratend, lehrend, unterstützend, eingreifend oder richtungsweisend versuchen sie in ihrer täglichen Arbeitspraxis Widerstand gegen patriarchale Logiken zu leisten. Fasst man den Bewegungsbegriff weit und bezieht auch Widerstandsformen mit ein, die zwar nicht auf der Straße zum Ausdruck gebracht werden, aber das politische Anliegen verfolgen, sozialen Wandel zu erwirken, lassen sich auch all jene Akteur*innen als Teil einer feministischen Bewegung begreifen, die in genannten Tätigkeitsfeldern auf Veränderung abzielen.

Feministische Beratungs- und Therapieansätze sind dabei nicht neu. Bereits seit den 1970er Jahren, entstanden während der zweiten Frauenbewegung und den sogenannten Consciousness-Raising-Gruppen, gehören sie heute zum festen Repertoire therapeutischer Maßnahmen, wenn sie auch immer noch unterrepräsentiert sind. Auch die Soziale Arbeit blickt auf ein differenziertes Feld geschlechtertheoretischer Perspektiven zurück und nicht zuletzt im Hochschulkontext haben antidiskriminierende Lehr-Lern-Konzepte Einzug in Weiterbildungsprogramme erhalten. Nichtsdestotrotz gehört das Miteinbeziehen und Hinterfragen von Subjekt-Struktur-Zusammenhängen nach wie vor nicht zum Mainstream innerhalb der hier aufgeführten Arbeitskontexte, sondern wird dort nur von einigen wenigen – meist explizit als feministisch gelabelt – praktiziert.

Die offene Werkstatt soll dieser Nischenperspektive Raum geben. Wir wollen mit diesem Format einen gemeinsamen Ort des Austauschens, der Bestandsaufnahme und Vernetzung schaffen. Ausgehend von den jeweiligen alltäglichen Berufserfahrungen und Praxen wollen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, Synergieeffekte sowie gängige Fallstricke der einzelnen Arbeitsbereiche debattieren und schließlich konstruktiv in die Zukunft denken: Wie können feministische Ansätze in Beratungs-, Therapie- und Bildungssettings anhand welcher konkreter Methoden möglicherweise kollektiv weitergeführt werden, um sowohl individuelle Lebenssituationen zu verbessern als auch soziale Ungleichheitsverhältnisse zu verändern. Das Format folgt dabei dem Prinzip der Un-konferenz, und lädt alle ein, die interessiert sind oder selbst etwas beitragen möchten.

Kurzbiografie

Marlene Roiser, M.A., ist Sozialpädagogin und systemische Beraterin. Sie hat außerdem Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung an der Uni Augsburg studiert, wo sie sich insbesondere mit sozialen Bewegungen auseinandergesetzt hat. Nach Jahren des Pendelns zwischen politischer Arbeit und Kinder- und Jugendhilfe begleitet sie nun als systemische Beraterin Familien in Krisensituationen. Zwischen der systemischen Allparteilichkeit und dem Wissen um geschlechter(un)gerechte Strukturen in Gesellschaft und insbesondere Familienkonstellationen Brücken zu schlagen, beschäftigt sie seither.

Rodemerk, Henriette

Vortrag: Konfliktdynamiken um Geschlecht und Antifeminismus im ländlichen Raum: Am Beispiel des Landkreises Erzgebirge in Sachsen [ABGESAGT]
(Henriette Rodemerk und Johanna Niendorf)

Im sozialraumnahen Projekt „Geschlechterdemokratie am Beispiel des Erzgebirgskreis“ haben wir gesellschaftliche Konfliktlinien untersucht, die sich aus Interviews und Gruppendiskussionen mit der lokalen Zivilgesellschaft um die Themen Gewaltschutz, reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung, die Pluralität von Lebensentwürfen und politischer Teilhabe rekonstruieren lassen. Als sozialpsychologisches Forschungsprojekt mit psychoanalytischer Methodik suchen wir insbesondere nach grundlegenden Motiven und Dynamiken, wie auch tabuisierten Themen, die sich in der Latenz der Gruppendiskussionen entfalten. Unter geschlechtsreflektierter Perspektive fragen wir danach, wie rechte und fundamentalistisch-religiöse Strukturen die Bedingungen für Demokratisierung und emanzipatorische Handlungsräume beeinflussen. Deutlich wird, dass Fragmente antifeministischer Ideologie und Ressentiments ihren Niederschlag in den Erfahrungen und Berufs- und Alltagspraxis der Menschen vor Ort finden. In der Abwesenheit von starken feministischen Bewegungen stoßen wir im Erzgebirge auf eine in vielen Teilen ungebrochen machtvolle Kategorisierung durch Geschlecht, in welcher im Sinne einer „repressiven Harmonie“ (Mense, 2022) geschlechtsspezifische Rollenerwartungen wirkmächtig sind. Insbesondere homogenisierende Konzeptionen von Zusammenhalt und starre Identitätskonstruktionen begünstigen Exklusionsdynamiken und externalisierende Projektionen gesellschaftlicher Probleme und bieten somit einen Nährboden für antidemokratische Mobilisierungen. Gleichzeitig verhindern sie die Aushandlung feministischer Anliegen und pluralistischer Entfaltungsmöglichkeiten.

Im Rahmen unseres Vortrags auf der Konferenz möchten wir die Ergebnisse aus dem Sozialraum in Bezug auf Geschlechterdemokratie und Antifeminismus vorstellen und in den erweiterten Kontext autoritärer Dynamiken in der Gesellschaft einordnen und diskutieren.

Als Teil des Panels: Antifeminismus: Akteur*innen, Taktiken und Widerstand

Kurzbiografie

Henriette Rodemerk, Sozialpsychologin (M.Sc.), ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Else Frenkel-Brunswik Institut/Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt an der Universität Leipzig. Sie forscht zu Antifeminismus und Geschlechterdemokratie. Ihre Schwerpunkte sind in der Untersuchung von Demokratisierungsprozessen sowie Ursachen und Verbreitung antidemokratischer Orientierungen mit qualitativen Methoden der Sozialforschung verortet.

Rottmann, Andrea

Vortrag: Auseinandersetzungen um Geschlecht in der International Gay (and Lesbian) Association (ILGA) in den 1970er und 1980er Jahren 

Andrea Rottmann untersucht in ihrem Beitrag Auseinandersetzungen um Geschlecht in der IGA/ILGA, der International (Lesbian and) Gay Association, in den 1970er und 1980er Jahren. Dabei analysiert sie einerseits Spannungen zwischen lesbischen Frauen und schwulen Männern, andererseits den Umgang mit dem Thema Transsexualität, das seit Beginn der 1980er Jahre Thema in der ILGA war.

Als Teil des Panels: Geschlecht als Konfliktfeld in LSBTIQ*-Bewegungen seit den 1970er Jahren 

Kurzbiografie

Andrea Rottmann (sie/ihr) arbeitet im Forschungsprojekt „Menschenrechte, queere Geschlechter und Sexualitäten seit den 1970er Jahren“ an der Freien Universität Berlin. Das Projekt ist Teil der Forschungsgruppe „Recht – Geschlecht – Sexualität“. Andrea Rottmann, Greta Hülsmann und Merlin Sophie Bootsmann geben gemeinsam den Blog „History/Sexuality/Law“ zu historischen Verflechtungen von Sexualität und Geschlecht mit Recht heraus. Sie arbeitet an ihrem Postdoc-Projekt „How Love Became a Human Right: Amnesty International and the Gay and Lesbian Movement, 1975-1991“.

Salauyova, Yuliya

Roundtable: The Female Face of Protest: Spotlight on Belarus

Kurzbiografie

Ich komme aus Minsk, Belarus, wo ich mein Studium der Kulturwissenschaften und Philosophie abgeschlossen habe. Im Jahr 2002 bin ich nach Bremen gezogen und habe mich beruflich im Bereich der internationalen Hochschulbildung etabliert. Seit Sommer 2020 bin ich aktive Unterstützerin der belarussischen Demokratiebewegung und seit Oktober 2020 Mitglied im Vorstand der Belarussischen Gemeinschaft RAZAM e.V., wo ich derzeit als erste Vorsitzende tätig bin. Bei RAZAM unterstützen wir politische Flüchtlinge in Deutschland, Notunterkünfte in Polen, machen auf die Verbrechen des Lukaschenko-Regimes aufmerksam, tragen zur Stärkung der demokratischen Bewegung der BelarussInnen bei, unterstützen die Entwicklung der belarussischen Diaspora in Deutschland und widerstehen den Versuchen des Lukaschenko-Regimes, die belarussische Kultur und Sprache zu zerstören.

Schmidt, Johanna Maj

Workshop: „Klimaaktivistinnen im Kofferraum wegsperren“: Anti-Greta-Memes als antifeministische Konfliktabwehr [ABGESAGT]
(Johanna Maj Schmidt und Charlotte Höcker)

Mit ihrem “Schulstreik für das Klima” hat die junge Aktivistin Greta Thunberg im Jahr 2018 eine Klimaschutz-Bewegung ins Rollen gebracht, die sich seitdem unter dem Hashtag #FridaysforFuture international organisiert. Als Gesicht der Bewegung geriet Greta schnell ins Kreuzfeuer extrem rechter Klima-Leugner*innen. Am Beispiel der Fülle an Memes, die sich auf die Klimaschutz-Aktivistin beziehen, gibt der Workshop zunächst einen Einblick in die politische Relevanz von Internet-Memes. Doch was genau stört extrem Rechte eigentlich an Greta Thunberg? In einem theoretischen Teil wollen wir die ideologischen Verbindungen zwischen Antifeminismus und Klima-Leugnung näher beleuchten. Misogyne Bilder, Angst und Hass auf Frauen, insbesondere in dem Moment ihrer Emanzipation aus bestimmten Geschlechterrollen, sind tief verankert in der abendländischen Kultur und Gesellschaft (Planert, 1998). Wenn das Geschlechterverhältnis als durch Kultur vermitteltes Naturverhältnis verstanden wird, kann der herrschaftstheoretischen Bedeutung der Kategorie Geschlecht als Platzanweiser in der Gesellschaft eine psychodynamische bzw. subjekttheoretische Annäherung beigestellt werden. Als solches dient Geschlecht und insbesondere das „Einsperren“ einer störrischen, emanzipatorischen und aufklärerischen Weiblichkeit der Abwehr von Konflikten. Greta Thunberg zeigt mit dem Finger auf die Klimakatastrophe und macht damit die zerstörerischen Folgen menschlichen Handelns im Kapitalismus bewusst. Sie zeigt die Begrenztheit der menschlichen Omnipotenz und sogar die Bedrohung ihrer Existenz auf. Auch weil es darum geht, diese schmerzhaften und bedrohlichen Bewusstwerdungsprozesse zu vermeiden, eignen sich die frauenfeindlichen Bilder der Aktivistin als Blitzableiter für diffuse Ängste und Aggressionen. Im praktischen Teil des Workshops werden die Teilnehmer*innen dazu eingeladen, mittels der psychoanalytisch sozialpsychologischen Interpretationsmethode nach Alfred Lorenzer (1986) gemeinsam ein Anti-Greta-Meme tiefenhermeneutisch zu analysieren.

Kurzbiografie

Johanna Maj Schmidt studierte Politikwissenschaft, English-Speaking Cultures und Performance Studies in Bremen und Krakau. Anschließend machte sie einen MA in Art and Politics an der Goldsmiths University of London und ein Diplom in Medienkunst in der Klasse “Expanded Cinema” an der HGB Leipzig. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung am Else-Frenkel-Brunswik Institut für Demokratieforschung und promoviert im Graduiertenkolleg “Rechtspopulismus” zur Frage, wie das Heroische in der extrem rechten Memekultur repräsentiert wird.

Schmincke, Imke

Vortrag: My Body, mein Bauch: Wie zentral ist Körperpolitik für feministischen Protest? Eine vergleichende Analyse verschiedener Wellen des Feminismus

Feministische Bewegungen kämpfen seit Beginn der sogenannten ersten Welle Mitte des 19. Jahrhunderts für gleiche Rechte und Teilhabe von Frauen. Diese und die nachfolgenden Wellen haben dabei verschiedene Erfolge erringen können und zu einer Veränderung der Geschlechterverhältnisse beigetragen. Mit Blick auf aktuelle feministische Kämpfe lässt sich dabei zunächst eine paradoxe Beobachtung festhalten: Einerseits haben sich im Verlauf feministische Positionen und Forderungen ausdifferenziert und verändert (Queerfeminismus, neoliberaler Feminismus, intersektionaler Feminismus etc.), andererseits sind bestimmte Themen gleich geblieben. Ein prominentes Beispiel hierfür wären die Kämpfe für sexuelle Selbstbestimmung, zentral das Recht auf Abtreibung (oder etwas umfassender: reproductive justice), die aktuell in verschiedenen Ländern vehement geführt werden, auch deshalb weil erkämpfte Errungenschaften wieder zurückgenommen worden sind wie zuletzt in den USA. Körperpolitische Themen sind nach wie vor ein zentraler Angelpunkt feministischer Bewegungen.

In meinem Vortrag möchte ich die Bedeutung und den Wandel von Körperpolitik für feministischen Protest in den Mittelpunkt stellen und an ausgewählten Beispielen aus der zweiten Welle und aktueller Proteste untersuchen, wie Fragen rund um Körper und Sexualität zum Politikum werden konnten. Die zweite Welle hatte die Forderung nach körperlicher und sexueller Selbstbestimmung in den Mittelpunkt gerückt und in der Forderung „Das Private ist politisch“ auch das Verständnis des Politischen verändert. Damit einher ging eine Aufwertung von Erfahrung und die Entwicklung neuer Formen und Praktiken der kollektiven Organisierung. Ich möchte in meinem Vortrag rekonstruieren, wie sich diese Veränderungen in aktuellen Protesten niedergeschlagen haben und ob und in welcher Weise sich feministische Kritik verändert hat bzw. welche Wirksamkeit sie gesellschaftlich heute entfalten kann. Dabei gilt es auch die Bedeutung von Öffentlichkeit für feministische Body Politics und die Veränderung medialer Öffentlichkeiten zu analysieren.

Als Teil des Panels: Body Politics: Konflikte um Abtreibung zwischen West- und Osteuropa

Kurzbiografie

Imke Schmincke ist Soziologin; sie hat in Hamburg und Brighton/GB studiert und 2008 in an der Uni Hamburg mit einer Arbeit zu Körper, Raum und Marginalisierung promoviert. Seit 2009 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. seit 2014 Akademische Rätin am Institut für Soziologie der LMU München am Lehrbereich Gender Studies. Sie arbeitet derzeit an einem Habilprojekt zur zweiten Frauenbewegung und dem Wandel des Feminismus. Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre: Neue Frauenbewegung, feministische Theorie, Körpersoziologie, Ungleichheitssoziologie, politische Soziologie, kritische Gesellschaftstheorie. Eine ihrer letzten Publikationen ist ein Lehrbuch zu Körpersoziologie (2021).

Schmitter, Maria

Workshop: Denkwerkstatt: Zum verändernden Potential feministischer Arbeitspraxen in Beratungs-, Therapie- und Bildungskontexten
(Sandra EckAlexandra RauNina Reggi-GraßlMarlene Roiser [abgesagt] und Maria Schmitter)

Was eint feministische Berater*innen, Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und Dozent*innen/Lehrende? Sie alle berücksichtigen Geschlecht als konfliktbehaftete Strukturkategorie in ihren Arbeitskontexten, sie operieren innerhalb zwischenmenschlicher Interaktion und verfolgen den Anspruch mittels Wissenstransfer Machtverhältnisse zu bewegen. Beratend, lehrend, unterstützend, eingreifend oder richtungsweisend versuchen sie in ihrer täglichen Arbeitspraxis Widerstand gegen patriarchale Logiken zu leisten. Fasst man den Bewegungsbegriff weit und bezieht auch Widerstandsformen mit ein, die zwar nicht auf der Straße zum Ausdruck gebracht werden, aber das politische Anliegen verfolgen, sozialen Wandel zu erwirken, lassen sich auch all jene Akteur*innen als Teil einer feministischen Bewegung begreifen, die in genannten Tätigkeitsfeldern auf Veränderung abzielen.

Feministische Beratungs- und Therapieansätze sind dabei nicht neu. Bereits seit den 1970er Jahren, entstanden während der zweiten Frauenbewegung und den sogenannten Consciousness-Raising-Gruppen, gehören sie heute zum festen Repertoire therapeutischer Maßnahmen, wenn sie auch immer noch unterrepräsentiert sind. Auch die Soziale Arbeit blickt auf ein differenziertes Feld geschlechtertheoretischer Perspektiven zurück und nicht zuletzt im Hochschulkontext haben antidiskriminierende Lehr-Lern-Konzepte Einzug in Weiterbildungsprogramme erhalten. Nichtsdestotrotz gehört das Miteinbeziehen und Hinterfragen von Subjekt-Struktur-Zusammenhängen nach wie vor nicht zum Mainstream innerhalb der hier aufgeführten Arbeitskontexte, sondern wird dort nur von einigen wenigen – meist explizit als feministisch gelabelt – praktiziert.

Die offene Werkstatt soll dieser Nischenperspektive Raum geben. Wir wollen mit diesem Format einen gemeinsamen Ort des Austauschens, der Bestandsaufnahme und Vernetzung schaffen. Ausgehend von den jeweiligen alltäglichen Berufserfahrungen und Praxen wollen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten, Synergieeffekte sowie gängige Fallstricke der einzelnen Arbeitsbereiche debattieren und schließlich konstruktiv in die Zukunft denken: Wie können feministische Ansätze in Beratungs-, Therapie- und Bildungssettings anhand welcher konkreter Methoden möglicherweise kollektiv weitergeführt werden, um sowohl individuelle Lebenssituationen zu verbessern als auch soziale Ungleichheitsverhältnisse zu verändern. Das Format folgt dabei dem Prinzip der Un-konferenz, und lädt alle ein, die interessiert sind oder selbst etwas beitragen möchten.

Kurzbiografie

Dr. Maria Schmitter, arbeitet als Ergotherapeutin beim FrauenTherapieZentrum München. Sie promovierte in Europäischer Ethnologie zur entwicklungspolitischen Subjektivierung von Diasporen und arbeitete zehn Jahre lang als wissenschaftliche Mitarbeiterin und akademische Rätin an den Universitäten München und Göttingen. In ihrer ergotherapeutischen Arbeit interessiert sie sich vor allem für therapeutische Methoden, welche die Subjektposition und Handlungsfähigkeit von Menschen stärken und von einer Haltung der Augenhöhe, Konnektivität und Solidarität getragen werden.

Seeck, Francis

Podiumsdiskussion: Gender Matters in Social Movements: A Conversation at the Interface of Academia and Activism

Kurzbiografie

Francis Seeck hat eine forschungsorientierte Professur für Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Demokratie- und Menschenrechtsbildung an der TH Nürnberg inne. Seeck forscht und lehrt zu Klassismus, politischer Bildung, Gender- und Queer Studies, Antidiskriminierung und menschenrechtsorientierter Sozialer Arbeit. Seit 2010 arbeitet Seeck als Antidiskriminierungstrainer*in und politische Bildner*in. 2022 erschien die Streitschrift zu Klassismus „Zugang verwehrt“ bei Atrium.

Seféria

Konzert

Kurzbiografie

Seféria ist die Gottheit der reisenden Musiker*innen. Sie tanzt auf ungeraden Rhythmen, öffnet Welten und fischt Melodien aus Raum und Zeit. Ihr Ursprung ist der Mittelmeerraum und die Idee, an die Heimaten zu glauben, die durch die Musik entstehen. 

Lieder in vielen Sprachen, Klänge aus verschiedenen Zeiten, Instrumente aus verschiedenen Regionen, neu interpretierte traditionelle Musik aus dem Balkan und den Mittelmeerraum trifft auf Eigenkompositionen. 

Gesang, Tambura: Chrisa Lazariotou

Hackbrett: Lisa Schöttl

Perkussion: Marja Burchard

Oud: Salma M’rabet

Şenoğuz, Pınar

Vortrag: Home-making as Political Claim? Lessons from Asylum-seeking Women in Lower Saxony

Asyl-Aufnahmezentren als Orte der „arrival-in-between“ (Thorshaug, 2018) können bei ihren Bewohner*innen Gefühle der Desorientierung und Unsicherheit hervorrufen. Können wir uns dennoch vorstellen, dass die Schaffung eines Zuhauses in diesen Zentren eine Möglichkeit ist, mit der Unsicherheit und dem Fehlen von Normalität umzugehen? Können wir uns Heimat als einen kontingenten, mobilen und ergebnisoffenen Prozess vorstellen, der für Asylsuchende in Bewegung ist? Dieser Beitrag untersucht auf der Grundlage einer 2018-2019 durchgeführten ethnografischen Untersuchung, wie Frauen in niedersächsischen Aufnahmezentren durch alltägliche Sinn- und Platzgebungsakte innerhalb der Asylstruktur ein Gefühl des „Zuhauseseins“ kultivieren. In Anlehnung an Iris Marion Youngs kontroverses Konzept von Heimat gehe ich davon aus, dass Heimat als vergeschlechtlichter Raum dennoch ein Ort der Fürsorge und des Schutzes ist. Wie Young argumentiert, sind die mit dem Zuhause verbundenen Gefühle wie Sicherheit, Individuation, Privatsphäre und Bewahrung Werte, die von allen Menschen, denen sie vorenthalten werden, eingefordert werden müssen. Ich verwende Heimat als heuristisches Instrument, um zu untersuchen, wie es asylsuchenden Frauen gelingt (oder misslingt), eine sinnvolle Beziehung zu den unwirtlichen Umgebungen, in denen sie untergebracht sind, zu entwickeln. Den Frauen kommt eine besondere Rolle zu, wenn es darum geht, ihrem Aufenthalt in diesen Zentren einen Sinn zu geben, ihnen einen sinnvollen Platz zu verschaffen und sich an der alltäglichen Gemeinschaft zu beteiligen, um Normalität zu schaffen.

Als Teil des Panels: Queer(ing) Claims Making

Kurzbiografie

Dr. Pınar Şenoğuz ist Soziologin und Standortleiterin bei DaMigra e.V., dem Dachverband der Migrantinnenorganisationen, Standort Düsseldorf. Sie forscht zu Flucht, Geschlecht und home making sowie zur Anthropologie von Grenzräumen.

Shojaee, Mansoureh

Podiumsdiskussion: Gender Matters in Social Movements: A Conversation at the Interface of Academia and Activism

Kurzbiografie

Forscherin und Autorin zu Frauenbewegungen, Gastwissenschaftlerin an der Vrije Universiteit Amsterdam und Projektleiterin an der Iran Academia (Institut für Sozialwissenschaften und Humanität).

Mansoureh Shojaee wurde 1958 in Teheran geboren. Seit über 20 Jahren ist sie eine der führenden Köpfe der iranischen Frauenrechtsbewegung und engagiert sich seit über 30 Jahren in der Politik. Neben zahlreichen Projekten und Interventionen ist sie eine der Initiator*innen der Kampagne „Eine Million Unterschriften für die Gleichberechtigung“, Mitbegründerin der Frauenbibliothek Sedigheh Dolatabadi, der Frauenbibliothek Evas in der Provinz Lar und Mitbegründerin der Website The Feminist School.

Zudem hat Shojaee ein Jahrzehnt lang mit dem Children’s Book Council zusammengearbeitet, um umfassende Bibliotheken für blinde Kinder einzurichten, und wurde dafür 2010 mit dem International Children’s Book Award in Iran ausgezeichnet.

Wegen ihres engagierten Einsatzes wurde sie mehrmals inhaftiert. Nach einem Monat Haft im Jahr 2010 wurde sie gegen Kaution freigelassen und konnte den Iran verlassen. Nachdem sie bereits ein vierjähriges Reiseverbot erhalten hatte, ging sie umgehend ins Exil. Sie wurde zunächst von der Heinrich-Böll-Stiftung angenommen und war von 2011 bis 2013 Teil des Writers in Exile Programm.

Das Iranian Women’s Movement Museum (https://www.irwmm.org/en/) ist ein Forschungsprojekt, das 2008 von Shojaee und ihren Kolleginnen initiiert und seit 2017 in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Sozialwissenschaften der Vrije Universiteit Amsterdam weiterentwickelt wurde. Das IRWMM ist Mitglied der International Association of Women’s Museums. Die Aufgabe des IRWMM unter der Leitung von Shojaee ist es, Dokumente und Informationen über die soziale, kulturelle, politische, wissenschaftliche, künstlerische und sportliche Geschichte der iranischen Frauen und ihre Bemühungen von der Verfassungsbewegung bis heute zu sammeln, um die Niederlagen und Siege der iranischen Frauen aufzuzeigen.

Siehe auch: https://iranwomen.center/en/mansoureh-shojaee/
www.irwmm.org/en/

Shparaga, Olga 

Podiumsdiskussion: Gender Matters in Social Movements: A Conversation at the Interface of Academia and Activism

Roundtable: The Female Face of Protest: Spotlight on Belarus

Kurzbiografie

Dr.in phil., Jg. 1974, lehrte bis 2021 Philosophie am European College of Liberal Arts in Minsk (ECLAB), welches sie im Jahr 2014 mitbegründet hat. Von 2001 bis 2014 unterrichtete sie Philosophie an der Europäischen Humanistischen Universität (EHU) erst in Minsk und dann seit 2005 Vilnius als EHU im Exil. Das letzte Buch Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus erschien 2021 im Suhrkamp Verlag und im gleichen Jahr in Litauen auf Russisch und 2022 mit einem neuen Kapitel auf litauisch. 

Olga Shparaga ist Mitbegründerin der Fem-Gruppe im Koordinationsrat rund um die belarussische Oppositionspolitikerin Sviatlana Tsikhanouskaya. Als Mitglied der feministischen Gruppe wurde sie im Oktober 2020 inhaftiert. Um einem drohenden Strafprozess zu entgehen, floh sie nach Vilnius. Olga Shparaga lebt im Exil und ist seit dem Juli 2022 Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen

Siročić, Zorica

Vortrag: Contentious Politics of Gender: Consequences of an Encounter

Die Frage nach der institutionellen Organisation und der diskursiven Konstitution von „gender“ ist eine Frage polarisierter gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Vereinfacht gesagt, drängen feministische und LGBTQ+-Bewegungen auf eine Lockerung der gesellschaftlichen Normen, die gender und Sexualität regeln, sowie auf eine größere Verfügbarkeit unterschiedlicher Lebenspraktiken. Ihre Gegenspieler versuchen, die bestehenden heteropatriarchalen Regime zu erhalten oder weitere Restriktionen zu legitimieren. Die gegnerischen politischen Kräfte bedienen sich einer Reihe von konventionellen und disruptiven Maßnahmen, um ihre Anliegen zu verteidigen oder zu fördern. In diesem Vortrag wird diese polarisierte ideologische Auseinandersetzung als „contentious politics of gender“ bezeichnet. Das vergangene Jahrzehnt brachte eine beispiellose Transnationalisierung der nicht institutionalisierten Genderpolitik mit sich, die ähnlich formulierte Forderungen weltweit verbreitete, um soziale Veränderungen aufzuhalten oder voranzutreiben. Die so genannten „Anti-Gender“-Kampagnen sind ein Beispiel für solche Trends. Infolgedessen haben Studien über „Anti-Gender“- oder feministischen/LGBTQ+- Aktivismus stark zugenommen. Dennoch liegen nur wenige Erkenntnisse über die Folgen dieser Begegnung für beide Seiten vor. Um diese Wissenslücke zu schließen, wird in dem Vortrag die Frage gestellt, welche Adaptionen und/oder Innovationen von Taktiken und Frames in Bewegungen, die an diesem Konflikt um Gender beteiligt sind, auftreten. Anhand empirischer Beispiele von „contentious politics of gender“ wird in diesem Vortrag der dynamische, interaktive und ideologisch ausgefeilte Charakter von Kämpfen um gender hervorgehoben.

Als Teil des Panels: Struggles Between Feminist Movements and Anti-Democratic Forces

Kurzbiografie

Zorica Siročić ist Assistenzprofessorin am Institut für Soziologie an der Universität Graz in Österreich. Ihr Buch Festivals as Reparative Gender Politics soll 2023 bei Routledge veröffentlicht werden.

Sirri, Lana

Vortrag: Countering State Violence through Feminist Praxis: Examining the Nexus of Academic Inquiry and Activism in Saudi Arabia [ABGESAGT]

In einem Staat, der bestrebt ist, die Einheit seiner Bürger*innen zu fördern, indem er politische und kulturelle Identitäten, die in arabischen und islamischen Kulturen verwurzelt sind, durchsetzt und fördert, wird die Notlage der Frauen oft in den Hintergrund gedrängt. Trotz der Bemühungen des Staates, den Zugang von Frauen zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarkt zu verbessern und ihre Teilhabe am politischen Leben zu fördern, prägen diese als Modernisierungsbemühungen angepriesenen Top-down-Initiativen die gesellschaftliche Wahrnehmung von Weiblichkeit und Männlichkeit (Al Dabbagh et al. 2009). Im Gegensatz dazu verfolgen feministische Bottom-up-Bewegungen, die die männliche Dominanz, einschließlich der des Staates, in Frage stellen und die Ermächtigung der Frauen fördern, einen umfassenderen Ansatz. Sie artikulieren eine nuancierte Kritik am Staat, stellen Verbindungen zwischen mobilisierten Menschen und öffentlichen Räumen her und führen Aufstände im alltäglichen Leben durch (Yacoubi 2016). Diese Präsentation konzentriert sich auf Saudi-Arabien als Fallstudie für die Untersuchung der Art und Weise, wie Frauen zusammenkommen, um Veränderungen in den Geschlechterbeziehungen zu bewirken und die Modernisierungsprozesse ihres Landes zu beeinflussen. Durch diese Untersuchung wird deutlich, dass die Überschneidung zwischen der Sphäre der Wissenschaft und der Sphäre des Aktivismus eine immense Kraft im Kampf gegen staatliche Unterdrückung und für die Förderung der Frauenrechte birgt. Darüber hinaus bietet die Präsentation eine neu entwickelte feministische Perspektive auf geschlechts- und sexualitätsbezogene Gewalt in Bezug auf undemokratische Staaten, indem sie die weit verbreitete und fehlerhafte Annahme widerlegt, dass Wissenschaft und Aktivismus getrennt sind und sich gegenseitig ausschließen (Collins 2012). Dabei wird behauptet, dass insbesondere in einem Kontext, in dem Frauenrechtsbewegungen, Versammlungen und die individuelle Meinungsfreiheit unterdrückt werden, wie in Saudi-Arabien, die Überschneidung zwischen feministischer akademischer Forschung und Aktivismus entscheidend ist, um die Forschung zu informieren und zu inspirieren. Diese Konvergenz garantiert einen symbiotischen Austausch zwischen Forschungstheorie, gelebten Erfahrungen und Aktivismus an vorderster Front und macht es möglich, gegen staatliche Gewalt vorzugehen (Sobande 2018).

Als Teil des Panels: (Trans-)national Feminist Organizing in the Past and Future

Kurzbiografie

Dr. Lana Sirri ist Forscherin am Amsterdam Institute for Social Science Research. Sie hat das niederländische Nationale Forschungsstipendium für 2021 erhalten. Diese Anerkennung ermöglicht es ihr, eine umfassende vierjährige Forschungsarbeit über feministische soziale Bewegungen in den Ländern des Golf-Kooperationsrates zu beginnen. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Überschneidung von Religion, Gender und Sexualität mit einer kritischen Untersuchung des islamischen feministischen Denkens. Im Jahr 2020 veröffentlichte Dr. Sirri ihre Monographie „Islamic Feminism: Discourses on Gender and Sexuality in Contemporary Islam“ bei Routledge. Da Wissensvalorisierung und gesellschaftliche Reichweite für ihren akademischen Weg unverzichtbar sind, veröffentlichte sie 2017 auch ein Sachbuch mit dem Titel „Einführung in islamische Feminismen“ (zweite Auflage folgt 2020), das Laien verschiedene Perspektiven des islamischen Feminismus zugänglich machen soll. Dr. Sirri ist Vizepräsidentin der International Association for the Study of Religion & Gender und assoziierte Expertin des Centre for Intersectional Justice (CIJ).

Sistenich, Sascha

Vortrag: Zwischen politischem Aktivismus und Alltagspraxis: Queere Für_Sorge als widerständige Praxis

Queere Menschen leben häufig früh allein und haben seltener Kinder als heteronormativ lebende Paare, da Verwandtschaft, Beziehungsmodelle und andere bedeutsame Bindungen oft entgegen gesellschaftlichen Normen konstruiert werden (Moreira 2016; Roseneil 2004; Roseneil und Budgeon 2004). Staatliche Regulierungen orientieren sich an Vorstellungen der hetero-cis-endo-normativen Biofamilie und erschweren so die Alters- und Gesundheitssorge (Hines und Santos 2018; Moreira 2018; Nay 2019). Rechtliche und gleichstellungspolitische Erfolge zeichnen sich häufig durch eine Anpassung an hetero-cis-normative Strukturen und eine Rückkehr ins Private ab, schaffen dadurch aber weitere Prekarisierungstendenzen (Laufenberg 2012; Nay 2019; Weibel 2021).

Dies schafft in den Alltagswelten queerer Menschen einen besonderen Stellenwert für Praktiken der (Selbst-)Für_Sorge (vgl. Binder und Hess 2018), da durch diese solidarisch gestaltete Handlungsformen und queere Lebensentwürfe im Kontext eines „guten Lebens“ (Fisher und Tronto 1990, S. 40) möglich werden. Maria Puig de la Bellacasa drückt mit dem Konzept des thinking with care aus, dass wir in stetigen Carebeziehungen mit etwas oder jemandem stehen und schafft damit die Basis eines solidarischen Mitdenkens, das Marginalisierung entgegenwirkt (La Bellacasa 2017, S. 71).
Jeffrey Weeks, Brian Heaphy und Catherine Donovan argumentieren, dass „through interactions in the social worlds they inhabit, non-heterosexuals shape new ways of understanding their relationships and acquire the new skills necessary to affirm the validity of different ways of life” (Weeks et al. 2001, S. 25). Queere Lebensentwürfe können so innerhalb einer sozialen Bewegung gefasst werden, die danach strebt, bestehende gesellschaftliche Normen und Vorstellungen zu hinterfragen und zu transformieren.

Der Beitrag soll zeigen, wie queere Für_Sorge innerhalb sozialer Bewegungen aber auch als diese gedeutet werden kann. Mithilfe teilnehmender Beobachtungen und leitfragengestützter Interviews werden Praktiken der (Selbst)Für_Sorge u.a. bei CSDs, in queerfeministischen Kollektiven und Cafés, in Wohngemeinschaften sowie in Freund:innen- und Partner:innenschaften untersucht. So wird der Frage nachgegangen, wie queere Für_Sorge bedeutsame Bindungen (Thelen 2014) und deren (politische) Vorstellungen von u.a. kinship und belonging entstehen lässt, formt und überhaupt erst möglich macht und somit als widerständige Praxis, im Sinne eines solidarischen Mitdenkens und -gedachtwerdens gedeutet werden kann.

Quellenverzeichnis:

Binder, Beate; Hess, Sabine (2018): Politiken der Für_Sorge – Für_Sorge als Politik: Einige einleitende Überlegungen. In: Beate Binder (Hg.): Care: Praktiken und Politiken der Fürsorge. Ethnographische und geschlechtertheoretische Perspektiven. 1. Auflage. Leverkusen: Budrich Barbara, S. 9–32.

Fisher, Berenice; Tronto, Joan C. (1990): Toward a Feminist Theory of Care. In: Emily K. Abel (Hg.): Circles of care. Work and identity in women’s lives. Albany, N.Y.: State Univ. of New York Press (SUNY series on women and work), S. 35–62.

Hines, Sally; Santos, Ana Cristina (2018): Trans* policy, politics and research: The UK and Portugal. In: Critical Social Policy 38 (1), S. 35–56. DOI: 10.1177/0261018317732880.

La Bellacasa, María Puig de (2017): Matters of Care. Speculative Ethics in More Than Human Worlds. Minneapolis, London: University of Minnesota Press (Posthumanities, 41).

Laufenberg, Mike (2012): Communities of Care. Queere Politiken der Reproduktion. In: LuXemburg Gesellschaftsanalyse und linke Praxis (4). Online verfügbar unter https://www.zeitschrift-luxemburg.de/communities-of-care-queere-politiken-der- reproduktion/, zuletzt geprüft am 24.02.2021.

Moreira, Luciana (2016): Queering Spanish Families: Friendship as a Transgeressive Network among Lesbians. In: M. Stosic und S. Panayotov (Hg.): Proceedings from the Summer School for Sexualities, Cultures and Politics 2015. Belgrade: IPAK.Center, S. 65–73.

Moreira, Luciana (2018): Cuidadania Íntima, Género y Sexualidad: Construyendo Relaciones Lésbicas en el Estado Español. In: Revista Latino-americana de Geografia e Genero 9 (2), S. 189–209.

Nay, Yv E. (2019): Die heterosexuelle Familie als Norm. Das heteronormative Regime der rechtlichen Regulierung gleichgeschlechtlicher Elternschaft. In: Sozial extra 43 (6), S. 372– 375. DOI: 10.1007/s12054-019-00224-y.

Roseneil, Sasha (2004): Why we should Care about Friends: An Argument for Queering the Care Imaginary in Social Policy. In: Social Policy & Society 3 (4), S. 409–419. DOI: 10.1017/S1474746404002039.

Roseneil, Sasha; Budgeon, Shelley (2004): Cultures of Intimacy and Care beyond ‘the Family’: Personal Life and Social Change in the Early 21st Century. In: Current Sociology 52 (2), S. 135–159. DOI: 10.1177/0011392104041798.

Thelen, Tatjana (2014): Care/Sorge. Konstruktion, Reproduktion und Auflösung bedeutsamer Bindungen. Bielefeld: transcript (Kultur und soziale Praxis).

Weeks, Jeffrey; Heaphy, Brian; Donovan, Catherine (2001): Same sex intimacies. Families of choice and other life experiments. London: Routledge. Online verfügbar unter http://site.ebrary.com/lib/alltitles/docDetail.action?docID=2002814.

Weibel, Fleur (2021): ‚Müsst ihr jetzt noch heiraten?‘. Eine Betrachtung der besonderen Situation von homosexuellen Brautpaaren in der Schweiz. In: Michael Wutzler und Jacqueline Klesse (Hg.): Paarbeziehungen heute: Kontinuität und Wandel. 1. Auflage. Weinheim: Beltz Juventa, S. 100–122.

Als Teil des Panels: Politischer Aktivismus in seiner Vielfalt

Kurzbiografie

Sascha Sistenich studierte Mehrsprachige Kommunikation an der TH Köln und Universidad de Granada (2014-2018) und anschließend Transkulturelle Studien/Kulturanthropologie an der Universität Bonn (2018-2021). Seit August 2021 arbeitet er als Studiengangsmanager und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung Empirische Kulturwissenschaft und Kulturanthropologie der Universität Bonn. Dort promoviert er seit März 2022 zum Thema „Queere Praktiken des Care. Marginalisierungen und queere Entgrenzungspraktiken in postpandemischen Zeiten“ (Arbeitstitel).

Spatzl, Jan

Studentischer Mitarbeiter

Kurzbiografie

Jan Spatzl (er/ihm) ist studentische Hilfskraft am Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seinen Bachelorabschluss hat er in Ethnologie absolviert und befindet sich Masterstudium der Empirischen Kulturwissenschaften und Europäischen Ethnologie. Beschäftigungsschwerpunkte sind kritische Polizeiforschung, Kritische Theorie und soziale Bewegungen.

Streinzer, Andreas

Vortrag: Queer Claims-making in the Age of the Backlash in Austria

Der Beitrag konzentriert sich darauf, wie Akteur*innen in queeren und feministischen Organisationen in Wien, Österreich, ihre Ansprüche und verfügbaren Ressourcen unter widrigen Bedingungen steuern. Die Widrigkeiten ergeben sich aus einer Reihe von Herausforderungen, mit denen diese politischen Akteur*innen konfrontiert sind, wie ich aus einer queer-marxistischen Perspektive zu analysieren versuche. Eine zentrale Herausforderung, die sich während meiner Feldforschung von 2021 bis 2023 verschärft hat, ist die Kürzung staatlicher Fördermittel für queere Organisationen. Die Mittelkürzungen erschweren die finanzielle Situation einer Reihe von Akteuren, die in der Lage waren, psychosoziale Beratung, sichere Unterkünfte, Flüchtlingshilfe und eine Reihe anderer wichtiger sozialer Infrastrukturen anzubieten.

Angesichts der Kürzungen und der Projektion staatlicher Gelder stellt der Vortrag die Frage nach den Möglichkeiten der queeren Bewegungen in Wien, Forderungen zu stellen. Können sie ihre Kämpfe in förderfähige Aktivitäten umsetzen? Erlaubt es ihnen der staatliche Rückzug, sich auf ihre Politik zu konzentrieren und neue Unterstützer*innen zu gewinnen? Oder spalten sie ihre Arbeit in – wie eine interviewte Person es nannte – „brave“ Dienstleistungen einerseits und unauffällige, aber radikale Politik andererseits?

Der Vortrag schließt mit einer Diskussion über Umverteilung in einer Zeit neonationaler, geschlechterkonservativer und produktivistischer Politik. Das Zeitalter des Backlashs kontrastiert mit einer zunehmenden Stärke und Lautstärke queerer Forderungen, wie mehrere Massendemonstrationen, die in den letzten Jahren von feministischen Bewegungen in Wien angeführt wurden, gezeigt haben.

Als Teil des Panels: Queer(ing) Claims Making

Kurzbiografie

Andreas Streinzer ist Wirtschaftsanthropologe und arbeitet zu Fragen Sozialer Reproduktion, Versorgungspraktiken, und fiskalischen Beziehungen. In seiner aktuellen Forschung in Österreich untersucht er u.a. die Folgen verknappter Verteilung auf die Beziehungen zwischen feministischen und queeren Projekten.

Stutz, Constanze

Vortrag: Die vergessene Revolution am Küchentisch: Zum widerständigen Erbe der feministischen Visionen und Praktiken der kurzen ostdeutschen Frauenbewegung

„Ohne uns ist kein Staat zu machen.“ – Die Forderung der kurzen Frauenbewegung der DDR wurde in Lichtgeschwindigkeit von den historischen Entwicklungen eingeholt und am Ende des turbulenten Jahres 1990 doch ein Staat ohne sie gemacht: die vereinigte demokratisch-kapitalistische Bundesrepublik. Die Existenz der kurzen Frauenbewegung der DDR, der späteren ostdeutschen Frauenbewegung im Umkreis des Unabhängigen Frauenverbands (UFV) und feministischen Organisationen in der Umbruchszeit nach 1989/90 wird heute kaum erinnert. Ihre Entstehungsbedingungen, feministischen Visionen und widersprüchlichen Überlagerungen werden von weiten Teilen der sozialwissenschaftlichen (Transformations-)Forschung kaum beachtet und sind auch politischen Akteur:innen, die sich gegenwärtig feministisch organisieren oftmals unbekannt. Wo also steckt der (Post-)Sozialismus im Feminismus?

Vor diesem Hintergrund befasst sich der Vortrag mit einer gesellschaftstheoretischen Rekonstruktion (post-)sozialistischer emanzipatorischer Visionen und Praktiken der kurzen Frauenbewegung der DDR sowie der späteren ostdeutschen Frauenbewegung als „widerständiges feministisches Erbe“ (Lembke 2022). Gefragt wird nach den gesellschaftspolitischen Bedingungen des Vergessens und den widersprüchlichen Überlagerungen und Nachwirkungen (post-)sozialistischer feministischer Visionen bis in die Gegenwart – in Mittel- und Osteuropa, in Deutschland und darüber hinaus.

Als Teil des Panels: Widersprüche und Konflikte in feministischen Bewegungen

Kurzbiografie

Constanze Stutz ist Soziologin und promoviert im Rahmen des Graduiertenkollegs »Dialektik der Teilhabe« am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Zuvor lehrte und forschte sie am Lehrbereich Makrosoziologie des Instituts für Soziologie der TU Dresden. In ihrem Dissertationsprojekt »Die Töchter der realexistierenden Emanzipation« beschäftigt sie sich mit einer gesellschaftstheoretischen Rekonstruktion der feministischen Visionen der ungleichzeitigen ost- und westdeutschen Frauenbewegungen und deren Vermittlung in den biographischen Erzählungen der Nachwendegeneration.

Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf Gesellschaftstheorie, Feministische Theorie(n des sozialen Wandels) sowie sozialer Bewegungs- und Transformationsforschung.

The Witches of Westend

Workshop: Feminismus braucht eine Stimme – Chorworkshop mit Pola Dobler und dem Witches of Westend Chor

FLINTA* sind dazu eingeladen gemeinsam mit dem Chor zu singen. Nach einem kurzen Einblick in die feministische Chorarbeit werden die Teilnehmenden zwei mehrstimmige Stücke einstudieren, die am Abend vor dem Tagungspublikum performt werden. Hierbei werden zum einen inhaltliche Impulse gesetzt und feministische Forderungen in Klang transformiert. Empowerment wird zum anderen auch körperlich und kreativ erfahrbar: Jede einzelne Stimme wird zu einem notwendigen Teil des großen Ganzen, es wird ein gemeinsamer Klangraum kreiert, der politisch bewegen will.

Keine Vorkenntnisse erforderlich.

Kurzbiografie

Der Frauenchor wurde 2013 von Pola Dobler in München gegründet und versteht sich als feministisch denkender Chor. Das Repertoire ist mal politisch, mal rebellisch und manchmal einfach nur schön und mystisch. Die Chorstücke sind weitestgehend eigene Arrangements und Kompositionen und sollen sich bewusst vom traditionellen Chorrepertoire abheben. Der Chor entwirft jede Performance neu und stimmt sie individuell auf den Auftrittsort ab. So ist jedes Konzert einmalig. Die Witches of Westend treten regelmäßig mit anderen Musiker*innen und Künstler*innern in Interaktion.

Van der Weck, Sara

Lecture-Performance: Selbst-Schuld-Katapult: Eine künstlerische Auseinandersetzung mit weiblicher Altersarmut und Formen alltäglichen Widerstandes

Altersarmut ist weiblich. 2021 lagen die durchschnittlichen bundesdeutschen Altersrentenzahlungen der Frauen (832 Euro 809 € West/ 1072 Ost) deutlich unter denen der Männern (1.218 € West/ 1.143 € Ost). Gründe für diese Ungleichheit sind u.a. ein geschlechtsspezifischer Arbeitsmarkt, das nach wie vor vorherrschende Male Breadwinner Model sowie der zunehmende Abbau des Sozialstaats. In Altersarmut zu leben bedeutet einerseits das Haushalten mit knappen Mittel. Altersarmut wirkt sich andererseits auch emotional auf die Betroffenen aus. Gefühle des Scheiterns, der Scham und Schuld, Zukunftsängste und Sorgen, Minderwertigkeitsgefühle, Einsamkeit oder auch Melancholie bezüglich verwehrter Zukunftsvorstellungen sind ebenso Folgeerscheinungen genannter struktureller Problemlagen, die sich den Individuen unter die Haut schreiben. Diese affektive Dimension von Altersarmutserfahrungen nimmt die Kulturwissenschaftlerin Dr. des. Alexandra Rau gemeinsam mit der Künstlerin Maria Berauer in Form einer Lecture Performance in den Blick. Ausgehend von Interviewmaterial das im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Prekärer Ruhestand“ (Leitung: Prof. Dr. Irene Götz) an der LMU erhoben wurde, erhalten Frauen aus unterschiedlichen Milieus eine Stimme. Wie fühlt sich Altersarmut für Betroffene an und welche Effekte haben diese Gefühle auf ihre alltäglichen Handlungsspielräume?

Anhand eines Zusammenspiels von ethnographischen Portraits, theoretischen Textfragmenten und künstlerischen Interventionen verdeutlicht die Lecture Performance nicht nur die strukturelle Seite weiblicher Altersarmut, sondern will diese auch körperlich erfahrbar machen. Darüber hinaus setzt sie sich auch mit kollektiven Handlungsperspektiven auseinander. Die Performance will damit nicht zuletzt auf mögliche Leerstellen sozialer Bewegungen verweisen, die sich entlang der Geschlechtskategorie aufspannen. So wird Weibliche Altersarmut im Kontext feministischer Bewegungen zwar durchaus als Querschnittsthema behandelt, doch dort sprechen vor allem Frauen, die Altersarmut als potentielles Zukunftsszenario anprangern. Das gegenwärtige altersarme Subjekt scheint in den öffentlichen Debatten relativ unsichtbar zu sein. Die Auseinandersetzung mit der affektiven Dimension weiblicher Altersarmut zeigt schließlich, dass eine Solidarisierung und politische Mobilisierung betroffener Frauen durch feldspezifische Gefühlslagen erschwert werden.

Die Portraits und Textfragmente werden dialogisch von der Autorin Alexandra Rau, der Schauspielerin Shirli Volk und der Performerin Sara van der Weck gelesen sowie von der Künstlerin Maria Berauer körperlich-performativ inszeniert.

Kurzbiografie

Sara van der Weck, Sozialpädagogin, angehende systemische Therapeutin, DJ und Mitglied des Mystic Choir Kollektivs, beschäftigt sich in beruflichen sowie künstlerischen Kontexten mit Fragen der Macht. In ihrer monatlichen Radioshow Witch Craft FM (Radio 80000) und diversen Performances stehen Magie und Transzendenz im Fokus.

Von Abel, Sapir

Roundtable: Different – Together: Antiracist Feminisms in Conversation

Kurzbiografie

Sapir von Abel, geboren 1990 in Jerusalem, aufgewachsen in Deutschland. Studierte Naher und Mittler Osten (B.A.) und Interkulturelle Kommunikation (M.A.) an der LMU München. Sie hat einige Jahre als Quereinsteigerin an einem Gymnasium unterrichtet und ist jetzt am Jüdischen Museum München für die Kulturvermittlung zuständig. Außerdem ist sie Kuratorin und Mitorganisatorin des postmigrantischen Kunst- und Kulturfestivals ausARTen – Perspektivwechsel durch Kunst eine Initiative des Münchner Forum für Islam.

Volk, Shirli

Lecture-Performance: Selbst-Schuld-Katapult: Eine künstlerische Auseinandersetzung mit weiblicher Altersarmut und Formen alltäglichen Widerstandes

Altersarmut ist weiblich. 2021 lagen die durchschnittlichen bundesdeutschen Altersrentenzahlungen der Frauen (832 Euro 809 € West/ 1072 Ost) deutlich unter denen der Männern (1.218 € West/ 1.143 € Ost). Gründe für diese Ungleichheit sind u.a. ein geschlechtsspezifischer Arbeitsmarkt, das nach wie vor vorherrschende Male Breadwinner Model sowie der zunehmende Abbau des Sozialstaats. In Altersarmut zu leben bedeutet einerseits das Haushalten mit knappen Mittel. Altersarmut wirkt sich andererseits auch emotional auf die Betroffenen aus. Gefühle des Scheiterns, der Scham und Schuld, Zukunftsängste und Sorgen, Minderwertigkeitsgefühle, Einsamkeit oder auch Melancholie bezüglich verwehrter Zukunftsvorstellungen sind ebenso Folgeerscheinungen genannter struktureller Problemlagen, die sich den Individuen unter die Haut schreiben. Diese affektive Dimension von Altersarmutserfahrungen nimmt die Kulturwissenschaftlerin Dr. des. Alexandra Rau gemeinsam mit der Künstlerin Maria Berauer in Form einer Lecture Performance in den Blick. Ausgehend von Interviewmaterial das im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Prekärer Ruhestand“ (Leitung: Prof. Dr. Irene Götz) an der LMU erhoben wurde, erhalten Frauen aus unterschiedlichen Milieus eine Stimme. Wie fühlt sich Altersarmut für Betroffene an und welche Effekte haben diese Gefühle auf ihre alltäglichen Handlungsspielräume?

Anhand eines Zusammenspiels von ethnographischen Portraits, theoretischen Textfragmenten und künstlerischen Interventionen verdeutlicht die Lecture Performance nicht nur die strukturelle Seite weiblicher Altersarmut, sondern will diese auch körperlich erfahrbar machen. Darüber hinaus setzt sie sich auch mit kollektiven Handlungsperspektiven auseinander. Die Performance will damit nicht zuletzt auf mögliche Leerstellen sozialer Bewegungen verweisen, die sich entlang der Geschlechtskategorie aufspannen. So wird Weibliche Altersarmut im Kontext feministischer Bewegungen zwar durchaus als Querschnittsthema behandelt, doch dort sprechen vor allem Frauen, die Altersarmut als potentielles Zukunftsszenario anprangern. Das gegenwärtige altersarme Subjekt scheint in den öffentlichen Debatten relativ unsichtbar zu sein. Die Auseinandersetzung mit der affektiven Dimension weiblicher Altersarmut zeigt schließlich, dass eine Solidarisierung und politische Mobilisierung betroffener Frauen durch feldspezifische Gefühlslagen erschwert werden.

Die Portraits und Textfragmente werden dialogisch von der Autorin Alexandra Rau, der Schauspielerin Shirli Volk und der Performerin Sara van der Weck gelesen sowie von der Künstlerin Maria Berauer körperlich-performativ inszeniert.

Kurzbiografie

Shirli Volk ist eine feministisch und klimapolitisch aktive Konditormeisterin und Schauspielerin aus München.

Voltadinga

Instrumental & DJ Fusion Act
w/ Ish.Use, Pheli Sommer & Kim_Twiddle

Kurzbiografie

Experimental, Breaks, Bass Musik & Grime trifft auf klassischen Klarinetten-Vibe, durch Effektgeräte gemorpht und getwiddled. Wo Kopf, Arm, Bein der Truppe ist, bleibt eindeutig uneindeutig…. Voltadingas, in freier Wildbahn vielsinnig und wired, auf der Bühne facettenreich und verspielt, locken bei ihren Jams auch die letzte fein gefiederte Frequenz aus ihrem Bau.

Wichterich, Christa

Vortrag: Vom Dienen zum Kämpfen: Organisierung von Krankenpfleger*innen und der Aufbruch zu Care-Bewegungen

Seit mehr als 100 Jahren organisieren sich Kranken„schwestern“ in berufsständischen Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene, um mehr Anerkennung und eine Professionalisierung zu erreichen und einer Stigmatisierung ihrer Tätigkeiten entgegenzuwirken. Seit den 1970er Jahren kam es jedoch zu einem gewerkschaftlichen Turn der organisierten Pflegekräfte und zu Kämpfen für bessere Entlohnung. Anlass war häufig eine Restrukturierung des Gesundheits-, besonders des Krankenhauswesens und eine Intensivierung der Pflegearbeit aufgrund von Kostenminimierung und des Mangels an Pflegekräften in Gesundheitseinrichtungen. Dabei stehen die Hierarchien innerhalb des Krankenhausregimes, der Trend zu Informalisierung bzw. Leiharbeit sowie die Unterschiede zwischen lokalen und migrantischen Pflegekräften der Bildung einer kollektiven Identität und der Solidarisierung unterschiedlicher Gruppen von Pflegekräften und Beschäftigten im Krankenhaus entgegen.

Mit ihren Sorgekämpfen schaffen Pflegeakteur*innen Sichtbarkeit für sich und ihre Belange und konstruieren sich als politische Kollektivsubjekte. Gleichzeitig fand durch die häufigeren Streiks im Dienstleistungs- bzw. Care-Sektor eine Feminisierung von Arbeitskämpfen statt.

Zunehmend gingen die Proteste mit einer Politisierung von Care-Arbeit innerhalb des neoliberalen Krankenhausmanagements, mit einer Neubestimmung des Care-Ethos sowie der patriarchalen, klassenbasierten und rassifizierten Definition des Dienens einher. Forderungen gehen immer mehr über das konventionelle gewerkschaftliche Repertoire von Arbeitsrechten, Bezahlung von Pflegearbeit und Arbeitsplatzbedingungen hinaus zu Fragen der Care-Qualität.

Während der Covid-19 Pandemie löste die systemische Rücksichtslosigkeit gegenüber Pflegekräften durch Überlastung und mangelnde Schutzvorkehrungen in vielen Ländern zu einer nie gekannten Mobilisierungs- und Protestwelle, teils im Rahmen von Gewerkschaften, teils explizit unabhängig von etablierten Gewerkschaften. Strategien der Massenmobilisierung, der kollektiven Machtbildung und der „deep“ oder transformatorischen Organisierung wurden erstmals transnational genutzt, mit dem Ziel einer qualitativ hochwertigen Versorgung und „Gesundheit statt Profite“. Dabei kam es in mehreren Ländern zu neuen Allianzen von unterschiedlichen Beschäftigten der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems, den Patient*innen und normalen Bürger*innen mit Potential zu neuen Gesundheits- und Care-Bewegungen, die über Arbeitskämpfe im Krankenhaus weit hinausgehen.

Als Teil des Panels: (Trans-)national Feminist Organizing in the Past and Future

Kurzbiografie

Christa Wichterich, feministische Soziologin mit den Schwerpunkten Gender und Entwicklung, hat als Gastprofessorin für Geschlechterpolitik in Kassel, Wien und Basel unterrichtet, und war Dozentin an Universitäten in Indien, im Iran und an verschiedenen deutschsprachigen Unis. Sie arbeitet als Publizistin zu den Arbeitsschwerpunkten neoliberale Globalisierung, Care Arbeit und Global Care Chains, feministische politische Ökonomie, feministische politische Ökologie und internationale soziale Bewegungen. Sie hat vor allem in Indien geforscht. Ehrenamtlich engagiert sie sich bei Women in Development Europe (WIDE+) und im wissenschaftlichen Beirat der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Kürzlich ist in New Delhi das von ihr und Maya John herausgegebene Buch „Who Cares“ über Gesundheitsarbeiter*innen in Indien und indische Krankenpfleger*innen im Ausland erschienen.

Wielowiejski, Patrick

Vortrag: Das Recht retten? Debatten um Geschlechtergerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit in der polnischen Opposition

Die polnische Opposition ist momentan darum bemüht, Strategien zu entwickeln, mit denen die autoritär-nationalistische Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) bei den Wahlen im Herbst 2023 aus der Regierung gedrängt werden kann. Dabei sind die Narrative umstritten, mit denen die Opposition zu arbeiten versucht: Geht es darum, als geeinte Opposition alle Kräfte gegen einen gemeinsamen Gegner zu mobilisieren und sich als Alternative zupräsentieren, die die „Krise der Rechtsstaatlichkeit“ beenden wird – oder gilt es vielmehr, gerade in dieser Situation Differenzen zwischen unterschiedlichen oppositionellen Kräften zu betonen? Anhand von Debatten um Geschlechterpolitik geht der Beitrag der Frage nach, welche Rolle unterschiedliche politische Akteur*innen dem Recht und der Rechtsstaatlichkeit beimessen, wenn es darum geht, Gerechtigkeit herzustellen.

Als Teil des Panels: Recht – Gerechtigkeit – Geschlecht in sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen

Kurzbiografie

Patrick Wielowiejski, M.A., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Koordinator der interdisziplinären DFG-Forschungsgruppe „Recht – Geschlecht – Kollektivität. Das umkämpfte Allgemeine und das neue Gemeinsame“. Zu seinen Forschungsinteressen gehören die Anthropologie des Politischen und Rechtsanthropologie, Gender und Queer Studies sowie (Rechts-)Populismusforschung.

Zechner, Manuela

Podiumsdiskussion: Gender Matters in Social Movements: A Conversation at the Interface of Academia and Activism

Kurzbiografie

Manuela Zechner bewegt sich zwischen Forschung, Bildung und Aktivismus. Sie arbeitet momentan zu Care und Earthcare, ökologischer Krise, Mikropolitik und der Möglichkeit transformativen Lernens. Sie ist in der Common Ecologies School sehr aktiv, produziert das Earthcare podcast, und leitet seit 2005 das Future Archive.

34mag

Doku-Screening von „The Sisters of Protest“

Kurzbiografie

34mag ist ein belarussisches Online-Magazin mit Publikationen aus dem Bereich der belarussischen Kunst, „Kultur“ und Gesellschaft. Unter der Schirmherrschaft des Portals steht auch das digitale Musiklabel „Pjarschak“. Das Magazin wurde 2009 von der belarussischen Journalistin Iryna Vidanova gegründet, nachdem die belarussischen Behörden ihr vorheriges Projekt „Studentskaja Dumka“ 2005 geschlossen hatten. Das Magazin erhielt 2012 den Free Media Pioneer Award des International Press Institute.